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Sexuelle Belästigung im Kölner Gesundheitsamt: Ein Fall ohne rechtliche Konsequenzen
Im Januar 2023 sorgte ein schwerwiegender Fall sexueller Belästigung im Kölner Gesundheitsamt für Aufsehen. Mehrere Lehrerinnen wurden bei Verbeamtungsuntersuchungen von einem Amtsarzt in entwürdigender Weise behandelt und sexuell belästigt. Die Betroffenen mussten ohne ersichtlichen medizinischen Grund ihre Brüste entblößen und sich erniedrigenden Untersuchungen unterziehen.
Der Fall verdeutlicht die besondere Vulnerabilität von Patientinnen in medizinischen Untersuchungssituationen, wo ein extremes Machtgefälle zwischen Arzt und Patientin besteht. Die Betroffenen befanden sich in einer Zwangslage, da sie auf die Untersuchung für ihre Verbeamtung angewiesen waren und sich dem Verhalten des Arztes nicht entziehen konnten.
Die Stadt Köln reagierte nach Bekanntwerden der Vorwürfe umgehend mit verschiedenen Maßnahmen. Der beschuldigte Arzt wurde von allen Untersuchungen abgezogen und in einem Bereich ohne direkten Patientenkontakt eingesetzt. Gleichzeitig prüfte die Stadtverwaltung beamtenrechtliche Konsequenzen gegen den Mediziner. Um weitere Übergriffe zu verhindern, wurden die Untersuchungsabläufe grundlegend geändert: Frauen werden seither ausschließlich von Ärztinnen begutachtet oder es wird weibliches medizinisches Personal zur Untersuchung hinzugezogen.
Trotz der öffentlichen Aufmerksamkeit und der eingeleiteten verwaltungsrechtlichen Schritte konnte bei einer umfassenden Recherche kein Urteil aus der Rechtsprechung zu diesem konkreten Fall gefunden werden. Die Suche umfasste sowohl strafrechtliche Urteile des Landgerichts Köln als auch Beschlüsse der Staatsanwaltschaft Köln sowie mögliche Disziplinarverfahren und berufsrechtliche Entscheidungen.
Rechtlich hätte der Fall verschiedene Konsequenzen nach sich ziehen können. Strafrechtlich wäre eine Verurteilung nach § 184i StGB (Sexuelle Belästigung) möglich gewesen, die körperliche Berührungen in sexuell bestimmter Weise mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe bestraft. Bei besonders schweren Fällen kann das Strafmaß auf drei Monate bis fünf Jahre erhöht werden. Berufsrechtlich hätten Disziplinarmaßnahmen von einer Rüge bis zum Entzug der Approbation verhängt werden können. Als Beamter unterlag der Amtsarzt zudem dem Beamtenrecht, wodurch Maßnahmen von der Abmahnung bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis möglich gewesen wären.
Das Fehlen eines nachweisbaren Urteils kann verschiedene Gründe haben. Möglicherweise wurde ein Strafverfahren eingestellt, ist noch anhängig oder eine Entscheidung ist nicht öffentlich zugänglich. Auch könnte es zu einer außergerichtlichen Einigung gekommen sein oder die Betroffenen haben von einer Anzeige abgesehen.
Der Fall unterstreicht die Notwendigkeit struktureller Veränderungen im medizinischen Bereich, um Geschädigte besser zu schützen. Die von der Stadt Köln eingeführten Maßnahmen stellen einen wichtigen Schritt dar, um das Machtgefälle zwischen Ärzten und Patientinnen zu reduzieren und weitere Übergriffe zu verhindern. Gleichzeitig zeigt das Fehlen rechtlicher Konsequenzen die Schwierigkeiten auf, mit denen Betroffene von sexualisierter Gewalt im medizinischen Kontext konfrontiert sind.
Quellen
«Machtmissbrauch im Gesundheitsamt»
Stadtrevue Köln│2023
«Frauen mussten bei Amtsarzt BH ablegen – Stadt Köln reagiert»
Express│4. Januar 2023
«Frauen mussten BH ablegen – Stadt prüft Konsequenzen gegen Amtsarzt»
Esslinger Zeitung│4. Januar 2023
«Köln: Stadt zieht Amtsarzt von Untersuchungen ab»
Kölner Stadt-Anzeiger│4. Januar 2023