Update · 3. Juli 2025
F r o s t a ︱ T r o n d h e i m
DER FALL ARNE BYE
Urteil · Verteidigung
Berufung · Betroffene
Der Fall des ehemaligen Kommunalarztes und Frauenarztes Arne Bye aus Frosta hat Norwegen in eine tiefe Vertrauens- und Gewissenskrise gestürzt. Seit der Urteilsverkündung vom 6. Juni 2025, den nachfolgenden Verteidigerwechseln und der vollständigen Berufung beschäftigt der Komplex Justiz, Medien, Politik und Fachöffentlichkeit gleichermaßen. Parallel legen unzählige Aussagen der Betroffenen die Mechanismen offen, mit denen ein einzelner Arzt fast zwanzig Jahre lang sexuellen Missbrauch unter dem Vorwand medizinischer Behandlungen verüben konnte.
Verbrechen
Der Fall umfasst insgesamt 219 gefilmte Frauen, von denen 217 identifiziert werden konnten. Nach den neuesten Entwicklungen vom Juli 2025 sind mindestens 118 Frauen als Betroffene identifiziert worden - eine Steigerung von ursprünglich 94 Frauen in der Anklage. Die Ermittlungen ergaben 47.000 Videos von den gefilmten Frauen sowie 387.000 Bilddateien. Das Videomaterial umfasst über 6.000 Stunden und wurde mit bis zu 12 Kameras gleichzeitig aufgenommen, die «svært tett opptil fornærmedes underliv» (sehr nah am Intimbereich der Geschädigten) filmten.
Neue Erkenntnisse zeigen, dass die Videoaufzeichnungen bis ins Jahr 2007 zurückreichen, was bedeutet, dass Byes systematische Übergriffe sich über mindestens 15 Jahre erstreckten - noch länger als ursprünglich angenommen. Bei einer dritten Hausdurchsuchung im März 2025 wurden versteckte Gegenstände gefunden, die in der Anklage erwähnt waren: eine Flasche, ein deodorantähnlicher Gegenstand und ein eierförmiger Gegenstand.
Verfahrensstand
Das Trøndelag Amtsgericht verkündete am 6. Juni 2025 das Urteil gegen Arne Bye. Der 55-jährige frühere Kommunalarzt wurde zu 21 Jahren Gefängnis verurteilt - Norwegens Höchststrafe. Die Verurteilung erfolgte wegen 70 Vergewaltigungen und 82 Fällen von Amtsmissbrauch. Zusätzlich wurde ihm die Arztlizenz auf unbestimmte Zeit entzogen. Das Gericht befand Bye in insgesamt 152 Punkten der Anklage für schuldig, obwohl er ursprünglich für 87 Vergewaltigungen und 94 Fälle von Amtsmissbrauch angeklagt war. Während der Hauptverhandlung hatte er 21 Vergewaltigungen und Amtsmissbrauch gegenüber 42 Frauen gestanden.
Verteidigerwechsel
Am 10. Juni 2025 wurde bekannt, dass Bye seine Verteidiger gewechselt hatte. Frode Wisth, Partner bei der renommierten Kanzlei Strand & Co, übernahm die Verteidigung von den bisherigen Anwälten Erlend Hjulstad Nilsen und Per Ove Sørholt. Wisth ist als fester Verteidiger für das Trøndelag Amtsgericht und das Frostating Landgericht etabliert. Am 16. Juni 2025, dem letzten Tag der Berufungsfrist, reichte Wisth eine vollständige Berufung gegen alle Verurteilungspunkte ein. Auffällig ist, dass die Berufung sogar die Fälle umfasst, in denen Bye gestanden hatte.

Frode Wisth
Wisth erklärte gegenüber NRK: «Det ankes over alt han er dømt for. Vi har tatt en full anke for å sikre at mandanten ikke lider rettstap» (Es wird gegen alles, wofür er verurteilt wurde, Berufung eingelegt. Wir haben eine vollständige Berufung eingereicht, um sicherzustellen, dass der Mandant keinen Rechtsverlust erleidet). Am 20. Juni 2025 genehmigte das Landgericht die Ernennung eines dritten Verteidigers.
Neben Wisth und der bereits ernannten Mitverteidigerin Linn Haug Holm wurde Eirik Svingen Bjørgo als weiterer Partner von Strand & Co ernannt. Die Verteidiger begründeten dies mit dem außergewöhnlichen Umfang der Sache: «To forsvarere vil ikke ha kapasitet til å ta et oppdrag av dette omfanget i den tilgjengelige tiden» (Zwei Verteidiger werden nicht die Kapazität haben, einen Auftrag dieses Umfangs in der verfügbaren Zeit zu übernehmen).
Im Juli 2025 nahm die Situation eine unerwartete Wendung: Die Verteidigung gab bekannt, dass Bye voraussichtlich mehrere seiner Geständnisse widerrufen wird.
In einer Stellungnahme an das Landgericht hieß es: «Under hovedforhandlingen tilsto Bye flere tilfeller av voldtekt, uten å kunne redegjøre for hvorfor tilståelsene ble avgitt» (Während der Hauptverhandlung gestand Bye mehrere Fälle von Vergewaltigung, ohne erklären zu können, warum die Geständnisse abgegeben wurden). Die Verteidiger argumentierten, dass diese Geständnisse dennoch als uneingeschränkt gewertet wurden, obwohl Bye nicht erklären konnte, warum er sie abgegeben hatte.
Am 2. Juli 2025 zog Arne Bye tatsächlich alle seine Geständnisse zurück und erklärte: «Jeg anser meg som ikke straffskyldig og har trukket alle erkjennelser i forbindelse med ankesaken» (Ich betrachte mich als nicht strafbar und habe alle Geständnisse im Zusammenhang mit der Berufung zurückgezogen). Diese Entwicklung macht das Berufungsverfahren zu einer kompletten Neuverhandlung aller Anklagepunkte.
Fact box der Verteidigung
VERTEIDIGER 1: ERLEND HJULSTAD NILSEN
Kanzlei: Levangeradvokatene
Funktion: Hauptverteidiger
Zeitraum: 2022 - 10. Juni 2025
Besonderheit: Bezeichnete es als «seine größte Sache als Anwalt»
Status: Entlassen nach Urteilsverkündung
VERTEIDIGER 2: PER OVE SØRHOLT
Kanzlei: Levangeradvokatene
Funktion: Mitverteidiger
Zeitraum: 2024 - 10. Juni 2025
Besonderheit: Zusätzlich ernannt wegen außergewöhnlichem Umfang
Status: Entlassen nach Urteilsverkündung
VERTEIDIGER 3: FRODE WISTH
Kanzlei: Strand & Co
Funktion: Hauptverteidiger
Ernannt: 10. Juni 2025
Besonderheit: Fester Verteidiger für Trøndelag tingrett und Frostating lagmannsrett
Status: Aktiv - leitet Berufungsverfahren
VERTEIDIGER 4: LINN HAUG HOLM
Kanzlei: Strand & Co
Funktion: Mitverteidigerin
Ernannt: 20. Juni 2025
Besonderheit: Partnerin bei Strand & Co
Status: Aktiv - Berufungsverfahren
VERTEIDIGER 5: EIRIK SVINGEN BJØRGO
Kanzlei: Strand & Co
Funktion: Mitverteidiger
Ernannt: 20. Juni 2025
Besonderheit: Partner bei Strand & Co
Status: Aktiv - Berufungsverfahren
Die unsichtbaren Zuschauer
Es sind unbekannte Gesichter, diese Menschen, die nun Zugang zu den Aufnahmen der Übergriffe haben - Ermittler, Staatsanwälte, Richter, Sachverständige, Gutachter und Verteidiger. Für die betroffenen Patientinnen bedeutet dies, dass ihre intimsten Verletzungen von Fremden betrachtet werden müssen, um Gerechtigkeit zu erlangen.
Die Arztpraxis sollte ein Ort des Vertrauens sein, ein geschützter und sicherer Raum, in dem Patientinnen sich verletzlich zeigen können, ohne Angst vor Missbrauch haben zu müssen. Diese Situation stellt die Betroffenen vor ein unlösbares Dilemma: Ohne die Sichtung des Materials durch das Justizsystem kann keine Verurteilung erfolgen, doch jede Betrachtung bedeutet eine erneute Verletzung ihrer Privatsphäre. Was einst der vermeintlich sichere Behandlungsraum war, wird nun im Gerichtssaal erneut zum Schauplatz ihrer Demütigung. Was in der Arztpraxis begann, setzt sich im Gerichtssaal fort - fremde Augen betrachten ihre intimsten Momente der Verletzlichkeit.
Dimensionen der Last
Die Dimension dieses Falls wird allein durch die Zahlen verdeutlicht: Über 6.000 Stunden Videomaterial, 47.000 Videos und 387.000 Bilddateien dokumentieren systematische Übergriffe, die sich über einen Zeitraum von mindestens 15 Jahren erstreckten und 219 gefilmte Frauen betrafen. Arne Bye installierte dabei bis zu 12 Kameras gleichzeitig, die laut Gerichtsakten «svært tett opptil fornærmedes underliv» (sehr nah am Intimbereich der Geschädigten) positioniert waren.
Verfahrensbeteiligte mit Materialzugang
Folgende Personen hatten nachweislich Zugang zu den Beweismitteln: Ermittlungsleiter Eivind Guldseth, Richter Espen Haug vom Amtsgericht Trøndelag, die Staatsanwälte Eli Reberg Nessimo und Rikhard Haugen Lyng, die medizinische Sachverständige Gynäkologin Mette Haase Moen von der Technisch-Naturwissenschaftlichen Universität Norwegens (NTNU), die psychiatrischen Gutachter Kåre Nonstad und Andreas Erik Hamnes sowie die Verteidiger Erlend Hjulstad Nilsen und Per Ove Sørholt von Levangeradvokatene, die nach der Urteilsverkündung am 6. Juni 2025 durch Frode Wisth von Strand & Co ersetzt wurden. Nebenklagevertreterin Ingunn Kjellstad koordinierte die Vertretung der Betroffenen, während Camilla Hagen acht Frauen vertrat.
Dokumentierte Systemfehler
Die Befürchtungen der Betroffenen über mangelnde Kontrolle erwiesen sich als berechtigt. Eine Chronologie schwerwiegender Verfahrensfehler belegt die Schwächen im Umgang mit dem sensiblen Material:
Im April 2024 wurde eine Frau in den 20ern fälschlicherweise als Betroffene identifiziert. Verteidiger Nilsen dokumentierte die offensichtlichen Unterschiede: «Det er 25 års aldersforskjell, forskjellige sokkefarger, en ring på høyre hånd. Det var ganske åpenbart at politiet ikke hadde forstått systematikken i filmstrukturen» (Es ist ein Altersunterschied von 25 Jahren, verschiedene Sockenfarben, ein Ring an der rechten Hand. Es war ziemlich offensichtlich, dass die Polizei die Systematik der Dateistruktur nicht verstanden hatte).
Die fälschlicherweise beschuldigte Frau beschrieb ihre Belastung: «Jeg følte hele bygda visste at jeg var en del av saken. Det var ubehagelig å gå på butikken. Det ble både en fysisk og psykisk belastning» (Ich hatte das Gefühl, dass das ganze Dorf wusste, dass ich Teil des Falls war. Es war unangenehm, ins Geschäft zu gehen. Es wurde sowohl eine physische als auch eine psychische Belastung). Ihre Einschätzung: «Det ble på en måte et nytt overgrep» (Es wurde gewissermaßen ein neuer Übergriff).
Im September 2024 musste die Anklage von 88 auf 87 Vergewaltigungen reduziert werden, da die Polizei das falsche Video analysiert hatte.
Der schwerwiegendste Fehler ereignete sich während der Hauptverhandlung im November 2024: Nach der Aussage einer Frau in den 30ern spielte die Staatsanwaltschaft Videobeweise ab, die eine völlig andere Patientin zeigten. Verteidiger Erlend Hjulstad Nilsen reagierte: «Er du sikker på at det var riktig?» (Bist du sicher, dass das richtig war?). Staatsanwältin Eli Reberg Nessimo musste einräumen: «Det ble spilt av feil videofil» (Es wurde die falsche Videodatei abgespielt).
Ermittlungsleiter Eivind Guldseth gestand: «Det er en feil som absolutt ikke må skje. Vi skammer oss selvfølgelig over at noe sånt kan skje» (Das ist ein Fehler, der absolut nicht passieren darf. Wir schämen uns natürlich, dass so etwas passieren kann).
Die heute erwachsenen Opfer, die als Minderjährige gefilmt wurden, stellen eine besondere rechtliche Herausforderung dar. Nach norwegischem Straffgesetzbuch § 311 (Herstellung von Darstellungen sexueller Übergriffe gegen Kinder) stellt dieses Material rechtlich Kinderpornographie dar, auch wenn es als Beweismaterial verwendet wird. Die norwegische Strafprozessordnung kennt spezielle Schutzbestimmungen (Strafprozessgesetz § 125, § 232, § 232a).
Gynäkologin und Professorin Mette Haase Moen von der NTNU bewertete Byes Methoden vor Gericht eindeutig: «Det er fantasi» und «Jeg har aldri hørt om en slik undersøkelse» (Das ist Fantasie und Ich habe noch nie von einer solchen Untersuchung gehört).
Schutzmaßnahmen im Verfahren
Alle 118 betroffenen Frauen gaben ihre Aussagen «bak lukkede dører» (hinter verschlossenen Türen) ab. Arne Bye musste die Aussagen aus einem separaten Nebenraum verfolgen, abgeschirmt durch weiße Jalousien. Nebenklagevertreterin Camilla Hagen erklärte: «Mange synes at det er vanskelig å forklare seg dersom han sitter i salen, og de er bekymret for om de får sagt alt de ønsker å formidle» (Viele finden es schwierig, sich zu erklären, wenn er im Saal sitzt, und sie sorgen sich, ob sie alles sagen können, was sie vermitteln möchten).
Gleichzeitig äußerten sich einige Frauen frustriert: «Flere av dem er irriterte over at de ikke får sitte i hovedsalen. De ville konfrontere ham ved å sitte der, og det er de skuffet over» (Mehrere von ihnen sind irritiert darüber, dass sie nicht im Hauptsaal sitzen dürfen. Sie wollten ihn konfrontieren, indem sie dort sitzen, und darüber sind sie enttäuscht).
Sekundäre Viktimisierung
Die dokumentierten Systemfehler verstärken und bestätigen die berechtigten Bedenken der Betroffenen hinsichtlich des Umgangs mit ihrem privaten Material. Dabei könnten unter anderem folgende, häufig unausgesprochene Fragen aufkommen. Diese Überlegungen sind spekulativ, basieren jedoch auf den nachgewiesenen Verfahrensfehlern und der mangelnden Transparenz der Kontrollmechanismen:
Wer hatte tatsächlich Zugang zu den Aufnahmen? Gibt es Protokolle, die die Sichtung des Materials dokumentieren? Haben die entlassenen Verteidiger noch Kopien? Welche Regelungen existieren zur Rückgabe oder Vernichtung von Beweismaterial nach einem Wechsel der Verteidigung? Auf welchen Systemen wurden die Aufnahmen gesichtet? Wie viele Kopien gibt es und was passiert mit ihnen nach Abschluss des Verfahrens?
Die Betroffenen werden doppelt zu Opfern: Zunächst durch die systematischen Übergriffe von Arne Bye und anschließend durch ein System, das durch Fehler und mangelnde Transparenz ihre Würde erneut verletzt. Die dokumentierten Versäumnisse zeigen, dass selbst bei bestehenden Sicherheitsvorkehrungen gravierende Pannen nicht ausgeschlossen werden können.
Auch bei einer rechtskräftigen Verurteilung des Täters bleibt für die 219 betroffenen Frauen die quälende Ungewissheit über den Verbleib der Aufnahmen in einem System, dessen Kontrollmechanismen für Außenstehende nur schwer nachvollziehbar sind.
Quellen:
https://www.adressa.no/nyheter/innenriks/i/25aeK4/frosta-legen-trekker-alle-erkjennelser
https://www.innherred.no/nyheter/i/rP6xOl/arne-bye-vil-sannsynligvis-trekke-tilstaaelser-faar-en-tredje-forsvarer
https://inyheter.no/06/06/2025/frosta-legen-arne-bye-domt-til-21-ars-fengsel/
https://www.s-n.no/nyheter/i/Ey2glK/minst-19-nye-kvinner-har-anmeldt-arne-bye
https://www.adressa.no/nyheter/trondelag/i/OoqLkA/har-funnet-video-av-kvinnen-paa-alle-16-harddiskene
https://www.dagbladet.no/nyheter/han-ba-meg-holde-ut/82222029
TEIL 2: STIMMEN DER BETROFFENEN - ZWANZIG JAHRE WARNUNGEN
Die ersten Schatten
Bereits 2003 wurde Arne Bye in einer lokalen Revysketsj parodiert, die auf den Erfahrungen einer Frau basierte. Eine betroffene Frau erklärte später gegenüber TV2: «Jeg stolte på ham, selv om han var litt spesiell. Jeg tenkte at dette var god humor på den tiden» (Ich vertraute ihm, obwohl er etwas speziell war. Ich dachte, das war guter Humor zu der Zeit). Die Sketsj stellte eine gynäkologische Untersuchung dar und das Publikum «brølte av latter» (brüllte vor Lachen) über etwas, das als «uskyldig og litt komisk» (unschuldig und etwas komisch) erschien. Byes früherer Chef Odd Harald Bjørnøy bezeichnete die Revy im Nachhinein als «et slags varsel» (eine Art Warnung).
Das erste offizielle Varsel kam 2006 von drei Frauen, die sich über «seksuelt krenkende underlivsmassasje» (sexuell verletzende Unterleibsmassage) beschwerten. Der pensionierte Frauenarzt Ivar Haarstad hatte diese Beschwerden an die Behörden weitergeleitet, nachdem er von mehreren Frauen über ihre Erfahrungen informiert worden war. Eine der Frauen aus diesem ersten Varsel war eine Jugendliche, die später aussagte: «Han anbefalte klitoral massasje og utførte den selv; jeg følte meg ekstremt ekkel» (Er empfahl klitorale Massage und führte sie selbst durch; ich fühlte mich extrem ekelhaft).
Mina Moholt - Das ignorierte Varsel von 2017
Eine 17-jährige namens Mina Moholt ging 2017 zu Bye, um eine Beule am Handgelenk untersuchen zu lassen. Sie erlebte, dass er sie an Rücken, Po und Oberschenkeln berührte und fühlte sich «krenket og trakassert» (verletzt und belästigt). Als sie bei Fylkesmannen Varsel einreichte, «foreslo de at den mindreårige kvinnen kunne ordne opp med legen på egenhånd» (schlugen sie vor, dass die minderjährige Frau das Problem mit dem Arzt selbst regeln könnte). Dieser Fall wurde als «lokal avklaringssak» (lokale Klärungsangelegenheit) behandelt, ohne Konsequenzen für Bye. Die Reaktion der Behörden zeigt das systematische Versagen beim Schutz Minderjähriger - eine 17-Jährige wurde faktisch aufgefordert, ihre Beschwerden gegen einen übergriffigen Arzt selbst zu klären.
Rakel Løvrød - Die entscheidende Whistleblowerin
Rakel Løvrød, eine 29-jährige Gemeindemitarbeiterin der norwegischen Kirche, war diejenige, deren Beschwerde 2021 die umfassende Polizeiermittlung auslöste. In einem Interview mit Vårt Land beschrieb sie ihre Erfahrungen: «Jeg sliter fortsatt med frykt for at han er ute etter meg» (Ich kämpfe immer noch mit der Angst, dass er hinter mir her ist). Besonders schmerzlich war für sie, dass Bye ihre christliche Überzeugung gegen sie verwendete. Sie erklärte: «Han klarte å så tvil i troen min. Jeg klarte hverken å høre på lovsang, lese i Bibelen eller gå i kirken» (Er schaffte es, Zweifel an meinem Glauben zu säen. Ich konnte weder Lobgesänge hören, in der Bibel lesen noch in die Kirche gehen).
Bei der Urteilsverkündung schrieb Løvrød in einer SMS an TV2: «Jeg bare gråter! Det er så mange navn. Det er faktiske liv han har påvirket. Helt sjukt!» (Ich weine nur! Es sind so viele Namen. Das sind echte Leben, die er beeinflusst hat. Völlig verrückt!)
Karen-Marie Reitan - Von Verteidigerin zu Betroffener
Karen-Marie Reitan war eine der Frauen, die zunächst ihren Arzt gegen die Gerüchte in der Gemeinde verteidigte. Sie war 23 Jahre lang Patientin bei Bye und beschrieb ihn als «grundig og kjempedyktig» (gründlich und super kompetent). Erst als die Polizei Kontakt mit ihr aufnahm, verstand sie, dass sie manipuliert und getäuscht worden war.
Ihre Reaktion auf die Polizeikontaktierung beschrieb sie so: «Jeg fikk kjempesjokk! For denne politimannen fortalte om filming underveis i gynekologi-konsultasjoner hos legen min» (Ich bekam einen Riesenschock! Denn dieser Polizist erzählte von Filmaufnahmen während gynäkologischen Konsultationen bei meinem Arzt). Sie erhielt «en SMS med et bilde, tatt mens jeg lå i gynekologstolen. Det var ikke tvil, dette var meg, filmet uten at jeg visste det» (eine SMS mit einem Bild, aufgenommen während ich im gynäkologischen Stuhl lag. Es gab keinen Zweifel, das war ich, gefilmt ohne dass ich es wusste).
Ihre Selbstreflexion war schmerzhaft: «Altså, du kan tenke deg hvor 'nedsnødd' jeg har følt meg. At jeg hadde mistrodd de andre sine historier» (Du kannst dir vorstellen, wie ‹beschämt› ich mich gefühlt habe. Dass ich den Geschichten der anderen misstraute). Sie musste «flere om unnskyldning» (mehrere um Entschuldigung bitten), weil sie anderen Frauen nicht geglaubt hatte. Ihre Geschichte wurde in der Podcast-Serie «Hemmeligheten på legekontoret» dokumentiert.
Linn Beate Skogholt - Die Kollegin als wichtige Zeugin
Linn Beate Skogholt, die 12 Jahre lang Kollegin von Arne Bye war, wurde selbst zur wichtigen Zeugin. Sie startete 2009 als Turnuslege auf Frosta legekontor mit Bye als Veileder und übernahm später seine Patienten. Sie beschrieb «sjokk over reaksjonene» (Schock über die Reaktionen) der Patientinnen, als sie Byes Praxis übernahm.
Ihre Aussage vor Gericht war eindringlich: «De er redde for bare det å skulle treffe ham. De synes bare tanken er ubehagelig» (Sie haben Angst davor, ihm nur zu begegnen. Sie finden schon den Gedanken unangenehm). Sie vitnet in retten und äußerte den Verdacht, dass Bye «grooming av pasienter» (Grooming von Patienten) betrieb. Sie hatte «stusset over plasseringen av gynekologstolen og den flate undersøkelsesbenken» (sich über die Platzierung des gynäkologischen Stuhls und der flachen Untersuchungsbank gewundert).
Die Stimmen aus den Gerichtsverhandlungen
Die betroffenen Frauen schilderten vor Gericht ähnliche Erfahrungen. Eine zentrale Aussage, die in den Medien zitiert wurde, lautete: «Han skulle 'tømme kjertlene'. Jeg husker bare at han aldri ble ferdig. Jeg tenkte at 'nå må du bli ferdig!' Jeg holdt meg fast i GU-stolen» (Er sollte ‹die Drüsen leeren›. Ich erinnere mich nur daran, dass er nie fertig wurde. Ich dachte ‹jetzt musst du fertig werden!› Ich hielt mich am gynäkologischen Stuhl fest).
Ein anonymes Opfer aus dem Dagbladet-Artikel vom 12. November 2024 beschrieb ihre Erfahrungen detailliert: «Jeg hadde veldig tillit til ham, var veldig avhengig av ham. Han var bestandig imøtekommende og blid, du følte deg sett» (Ich hatte sehr großes Vertrauen zu ihm, war sehr abhängig von ihm. Er war immer freundlich, man fühlte sich gesehen). Sie berichtete weiter: «Han sa jeg hadde betente kjertler i underlivet som måtte tømmes gjennom massasje, og begynte så å massere klitoris» (Er sagte, ich hätte entzündete Drüsen im Unterleib, die durch Massage entleert werden müssten, und begann dann, meine Klitoris zu massieren).
Besonders perfide war Byes Reaktion auf Widerstand: «Jeg ba ham stoppe, men han sa: 'Hold ut litt til'» (Ich bat ihn aufzuhören, aber er sagte: ‹Halte noch ein bisschen durch›). Die Frau beschrieb auch ihre körperliche Abwehrreaktion: «Mot slutten streivet kroppen imot. Det var som om den ikke ville dit lenger – men jeg ville bli frisk og stolte på ham» (Am Ende wehrte sich mein Körper. Es war, als ob er gar nicht mehr dorthin wollte – aber ich wollte gesund werden und vertraute ihm).
Ein zweites Opfer aus demselben Verfahren zeigte eine andere Reaktion: «Jeg sto opp og sa stopp. Det føltes ikke riktig» (Ich stand auf und sagte Stopp. Es fühlte sich nicht richtig an). Sie beschrieb die Untersuchung: «Jeg så bare i taket under undersøkelsen. Det var ubehagelig og flaut, jeg ville bare at det skulle bli ferdig» (Ich schaute während der Untersuchung nur an die Decke. Es war unangenehm und peinlich, ich wollte nur, dass es vorbei ist).
Die jüngsten Betroffenen
Besonders schwerwiegend waren die Übergriffe an minderjährigen Patientinnen. Eine 15-jährige aus dem Jahr 2004 sagte vor Gericht: «Han stimulerte G-punkt-området mitt; jeg var bare femten da. Det var kleint, ekkelt og vondt» (Er stimulierte mein G-Punkt-Gebiet; ich war damals erst fünfzehn. Es war peinlich, ekelhaft und tat weh). Diese Aussage zeigt, wie Bye die Unwissenheit minderjähriger Patientinnen ausnutzte.
Eine weitere Zeugin, die als «handlingslammet» (handlungsunfähig) beschrieben wurde, berichtete: «Jeg lå bare der, helt rolig og handlingslammet, mens han masserte inn salven» (Ich lag nur da, völlig ruhig und wie gelähmt, als er die Salbe einmassierte).
Gesellschaftliche Verdrängung und Selbstvorwürfe
Ein besonders berührendes Zeugnis stammt von einer Frau, die sich selbst die Schuld gab: «Eine andere Zeugin sagte, dass sie sich schämte. Etter at sakene mot Bye ble kjent i media, hadde hun flere ganger 'sittet på bygda' og kritisert ofrene for å være 'hårsåre', fortalte hun. Men hun var selv et offer» (Nachdem die Fälle gegen Bye in den Medien bekannt wurden, hatte sie mehrmals ‹in der Gemeinde gesessen› und die Opfer dafür kritisiert, ‹empfindlich› zu sein. Aber sie war selbst ein Opfer).
Die Reaktionen der Angehörigen dokumentieren die gesellschaftliche Verdrängung. Nach einer «svært ubehagelig undersøkelse» (sehr unangenehmen Untersuchung) erzählte eine Patientin einem nahen Verwandten von ihren Erfahrungen. Die Reaktion war: «– Nei, altså. Bye? Han som er så grei?» (Nein, wirklich. Bye? Der, der so nett ist?). Diese Reaktion zeigt, wie Byes Reputation als «netter Arzt» die Wahrnehmung seiner Übergriffe verhinderte.
Drei Frauen einer Familie berichteten: «Vi visste at noe var galt, men jeg var så glad i ham også – det gjorde alt så mye vanskeligere» (Wir wussten, dass etwas nicht stimmte, aber wir mochten ihn auch – das machte alles noch schwieriger). Diese Aussage verdeutlicht die komplexe emotionale Situation vieler Betroffener, die zwischen Misstrauen und Zuneigung zu ihrem Arzt hin- und hergerissen waren.
Byes Manipulationstechniken in den Aussagen
Die Frauen berichteten, dass Bye ihnen erklärte, es sei notwendig, «kjertler i underlivet» (Drüsen im Unterleib) durch Massage zu «tømme» (leeren). Die «sirkulære bevegelser på klitoris» (kreisförmigen Bewegungen an der Klitoris) waren ein wiederkehrendes Element in den Aussagen. Eine unbekannte Patientin berichtete vor Gericht: «Han sa at de berørte kjertlene var betent og måtte stimuleres – så masserte han klitoris i sirkler» (Er sagte, die betroffenen Drüsen seien entzündet und müssten stimuliert werden – dann massierte er in Kreisen meine Klitoris).
Bye erklärte seine Handlungen mit einer «tysk metode» (deutsche Methode). Eine Patientin berichtete: «Jeg skjønte at han ville at jeg skulle få orgasme» (Ich verstand, dass er wollte, dass ich einen Orgasme bekomme). Bye rechtfertigte seine Handlungen damit, dass er «å bedøve slimhinner før eventuelle tiltak» (Schleimhäute vor eventuellen Maßnahmen betäuben) müsse.
Kulturelle Faktoren und Autoritätsgläubigkeit
Ein wichtiger Aspekt der Aussagen bezog sich auf norwegische Gesellschaftsnormen: «Noen av kvinnene forteller at de lot Bye fullføre den smertefulle behandlingen, ganske enkelt fordi han var legen» (Einige der Frauen erzählen, dass sie Bye die schmerzhafte Behandlung zu Ende führen ließen, einfach weil er der Arzt war). Diese Aussage zeigt die problematische Autoritätsgläubigkeit im norwegischen Gesundheitssystem.
«Alle fornærmede kvinner som har forklart seg så langt, beskriver ham som tillitvekkende» (Alle geschädigten Frauen, die sich bisher erklärt haben, beschreiben ihn als vertrauenerweckend), heißt es in den Berichten. Die Frauen berichteten, dass «fastlegen hadde en måte som fikk pasientene til å føle seg sett, hørt og tatt på alvor» (der Hausarzt eine Art hatte, die die Patientinnen sich gesehen, gehört und ernst genommen fühlen ließ).
Das Versagen der Institutionen
Die Chronologie der ignorierten Warnungen ist erschreckend: 2003 gab es die Revy-Sketsj als öffentlichen Hinweis, 2006 das erste formelle Varsel von drei Frauen, 2017 Mina Moholts Varsel, bei dem die Behörden ihr vorschlugen, das Problem «selbst zu regeln», und erst 2022 wurden endlich wirksame Maßnahmen ergriffen. Diese Zeitlinie dokumentiert ein systematisches Versagen auf allen Ebenen über fast zwei Jahrzehnte hinweg.
Die gesammelten Aussagen und Berichte der betroffenen Frauen im Fall Arne Bye zeigen nicht nur das Ausmaß der Übergriffe, sondern auch das jahrzehntelange Versagen der Institutionen, auf frühe Warnungen zu reagieren. Die Stimmen der Frauen - von den ersten mutigen Whistleblowerinnen bis zu den Zeuginnen vor Gericht - dokumentieren sowohl unsagbares Leid als auch außergewöhnliche Tapferkeit beim Durchbrechen jahrelangen Schweigens.
Quellen:
Vårt Land (vl.no) - Interview mit Rakel Løvrød
Adresseavisen (adressa.no) - Gerichtsberichte und Zeugenaussagen
Dagbladet - Detaillierte Opferberichte
Klikk.no - Reportage über Rakel Løvrød
Podcast «Hemmeligheten på legekontoret» - Karen-Marie Reitans Geschichte
Quellen:
https://pfu.presse.no/pfu-basen/24-297
https://www.politiforum.no/frosta-saken-plutselig-var-den-lille-politistasjonen-i-et-maratonlop-uten-like/265211
https://www.vl.no/religion/la-skylden-pa-troen-hennes/9549741
https://www.klikk.no/reportasje/rakel-lovrod-satte-i-gang-anmeldelser-mot-frosta-legen-7496794
https://inyheter.no/06/06/2025/frosta-legen-arne-bye-domt-til-21-ars-fengsel/
https://www.politiforum.no/frosta-saken-plutselig-var-den-lille-politistasjonen-i-et-maratonlop-uten-like/265211
https://www.adressa.no/nyheter/trondelag/i/4BLWAo/de-er-redde-for-bare-det-aa-skulle-treffe-ham
https://www.dagbladet.no/nyheter/han-ba-meg-holde-ut/82222029
https://www.adressa.no/debatt/i/8qXaxE/nei-altsaa-bye-han-som-er-saa-grei
https://www.adressa.no/nyheter/trondelag/i/3MXz8v/kvinnen-varslet-om-bye-laa-der-helt-rolig-og-handlingslammet
https://www.adressa.no/nyheter/trondelag/i/alyegE/tre-kvinner-i-samme-familie-visste-at-noe-var-galt-men-jeg-var-saa-glad-i-ham-ogsaa
https://open.spotify.com/episode/3pJxC4z6NPFnTPhlyGmbFr
https://www.tu.no/nyhetsstudio/frosta-legen-nekter-for-aa-ha-massert-kjertler-paa-pasient/61302
https://www.adressa.no/nyheter/trondelag/i/B06py7/jeg-skjoente-at-han-ville-at-jeg-skulle-faa-orgasme
https://www.adressa.no/nyheter/trondelag/i/8q9OXW/88-kvinner-skal-vaere-voldtatt-av-legen-siden-2004-i-2013-endret-overgrepene-seg-ifoelge-tiltalen
https://podme.com/no/podkast/hemmeligheten-pa-legekontoret/
https://www.podplay.com/fi-fi/podcasts/alt-fortalt-639325/episodes/hemmeligheten-pa-legekontoret-1-karen-maries-historie-417495003
TEIL 3: SYSTEMATISCHE ÜBERGRIFFE UND METHODEN
Die deutsche Methode
Arne Bye entwickelte über die Jahre ein ausgeklügeltes System von Erklärungen und Methoden, um seine Übergriffe zu verschleiern. Zentral war seine Behauptung, eine «tysk metode» (deutsche Methode) anzuwenden. Eine Patientin berichtete vor Gericht: «Jeg skjønte at han ville at jeg skulle få orgasme» (Ich verstand, dass er wollte, dass ich einen Orgasmus bekomme). Bye rechtfertigte seine Handlungen damit, dass er «å bedøve slimhinner før eventuelle tiltak» (Schleimhäute vor eventuellen Maßnahmen betäuben) müsse.
Diese angebliche «deutsche Methode» war eine reine Erfindung Byes, um seine systematischen Übergriffe als medizinische Behandlung zu tarnen. Keine gynäkologischen Leitlinien - weder deutsche noch norwegische - kennen solche Praktiken als medizinisch indiziert.
Byes medizinische Rechtfertigungen
Ein wiederkehrendes Element in allen Aussagen war Byes Erklärung über «kjertler i underlivet» (Drüsen im Unterleib), die durch Massage «tømmes» (geleert) werden müssten. Eine zentrale Aussage aus den Gerichtsdokumenten lautete: «Han skulle ‹tømme kjertlene›. Jeg husker bare at han aldri ble ferdig. Jeg tenkte at ‹nå må du bli ferdig!› Jeg holdt meg fast i GU-stolen» (Er sollte ‹die Drüsen leeren›. Ich erinnere mich nur daran, dass er nie fertig wurde. Ich dachte ‹jetzt musst du fertig werden!› Ich hielt mich am gynäkologischen Untersuchungsstuhl fest).
Eine unbekannte Patientin berichtete vor Gericht: «Han sa at de berørte kjertlene var betent og måtte stimuleres – så masserte han klitoris i sirkler» (Er sagte, die betroffenen Drüsen seien entzündet und müssten stimuliert werden – dann massierte er in Kreisen meine Klitoris). Ein anonymes Opfer beschrieb: «Han sa jeg hadde betente kjertler i underlivet som måtte tømmes gjennom massasje, og begynte så å massere klitoris» (Er sagte, ich hätte entzündete Drüsen im Unterleib, die durch Massage entleert werden müssten, und begann dann, meine Klitoris zu massieren).
Die kreisförmigen Bewegungen
Die «sirkulære bevegelser på klitoris» (kreisförmigen Bewegungen an der Klitoris) waren ein wiederkehrendes Element in den Aussagen aller Betroffenen. Diese konsistente Beschreibung zeigt die systematische Natur von Byes Vorgehen. Vor Gericht bestritt er diese Handlungen: «Dette med kjertler har aldri vært problematisert fra meg. Det har ikke på noe tidspunkt vært sagt fra meg at jeg skal massere noen kjertler eller lignende» (Diese Sache mit Drüsen ist nie von mir problematisiert worden. Es ist zu keinem Zeitpunkt von mir gesagt worden, dass ich irgendwelche Drüsen massieren sollte).
Trotz seiner Leugnung beschrieben alle Betroffenen identische Handlungsabläufe: Bye erklärte die Notwendigkeit einer «Drüsenmassage», führte dann systematische kreisförmige Bewegungen an der Klitoris durch und rechtfertigte dies als medizinische Behandlung.
Verwendung nicht-medizinischer Gegenstände
In der Anklage wurde beschrieben, dass Bye verschiedene Gegenstände verwendete, darunter «en astmainhalator, en eggformet gjenstand, flasker, og en Womanizer-vibrator» (einen Asthma-Inhalator, einen eiförmigen Gegenstand, Flaschen und einen Womanizer-Vibrator). Die Staatsanwaltschaft betonte, dass diese Gegenstände «ingen medisinsk relevans» (keine medizinische Relevanz) hatten.
Bei der dritten Hausdurchsuchung im März 2025 wurden versteckte Gegenstände entdeckt, die in der Anklage erwähnt waren: eine Flasche, ein deodorantähnlicher Gegenstand und ein eiförmiger Gegenstand. Politiadvokatin Anette Strøm Røsholdt erklärte: «Die Polizei geht davon aus, alle in der Anklage erwähnten Gegenstände bei den Durchsuchungen der Wohnung des Angeklagten gefunden zu haben».
Bye rechtfertigte vor Gericht die Verwendung unkonventioneller Gegenstände damit, dass er «kreativ» sei und «tekniske og kostnadseffektive løsninger» (technische und kostengünstige Lösungen) finde. Diese Rechtfertigung entbehrt jeder medizinischen Grundlage - gynäkologische Untersuchungen erfordern sterile, medizinisch zugelassene Instrumente.
Kalkulierter Voyeurismus
Das erschreckendste Element von Byes System war die heimliche Videoüberwachung. Die Ermittlungen ergaben 47.000 Videos und 387.000 Bilddateien von 219 gefilmten Frauen. Das Videomaterial umfasst über 6.000 Stunden und wurde mit bis zu 12 Kameras gleichzeitig aufgenommen, die «svært tett opptil fornærmedes underliv» (sehr nah am Intimbereich der Geschädigten) filmten.
Die Kameras waren strategisch platziert, um verschiedene Winkel der Untersuchungen zu erfassen. Die Polizei fand Videos, die «nakne pasienter og kvinners underliv med speculum» sowie «gjenstander som Bye skal ha brukt i forbindelse med gynekologiske undersøkelser» (nackte Patientinnen und Frauenunterleiber mit Speculum sowie Gegenstände, die Bye im Zusammenhang mit gynäkologischen Untersuchungen verwendet haben soll) zeigen.
Neue Erkenntnisse zeigen, dass die Videoaufzeichnungen bis ins Jahr 2007 zurückreichen - noch früher als ursprünglich angenommen. Bei einer erneuten Durchsuchung einer bereits beschlagnahmten Festplatte entdeckte die Polizei diese älteren Videos, was bedeutet, dass Byes systematische Überwachung sich über mindestens 15 Jahre erstreckte.
Manipulation durch medizinische Autorität
Bye nutzte seine Position als respektierter Arzt systematisch aus. «Alle fornærmede kvinner som har forklart seg så langt, beskriver ham som tillitvekkende» (Alle geschädigten Frauen, die sich bisher erklärt haben, beschreiben ihn als vertrauenerweckend), heißt es in den Berichten. Die Frauen berichteten, dass «fastlegen hadde en måte som fikk pasientene til å føle seg sett, hørt og tatt på alvor» (der Hausarzt eine Art hatte, die die Patientinnen sich gesehen, gehört und ernst genommen fühlen ließ).
Ein anonymes Opfer beschrieb diese Manipulation: «Jeg hadde veldig tillit til ham, var veldig avhengig av ham. Han var bestandig imøtekommende og blid, du følte deg sett» (Ich hatte sehr großes Vertrauen zu ihm, war sehr abhängig von ihm. Er war immer freundlich, man fühlte sich gesehen). Diese emotionale Bindung machte es den Frauen schwer, seine Handlungen zu hinterfragen.
Widerstand und Durchhalteparolen
Besonders perfide war Byes Umgang mit Widerstand der Patientinnen. Als eine Frau ihn bat aufzuhören, sagte er: «Hold ut litt til» (Halte noch ein bisschen durch). Diese Durchhalteparolen zeigen, wie er den Widerstand der Frauen systematisch brach und sie zur Duldung seiner Übergriffe zwang.
Eine andere Patientin beschrieb ihre körperliche Abwehrreaktion: «Mot slutten streivet kroppen imot. Det var som om den ikke ville dit lenger – men jeg ville bli frisk og stolte på ham» (Am Ende wehrte sich mein Körper. Es war, als ob er gar nicht mehr dorthin wollte – aber ich wollte gesund werden und vertraute ihm). Diese Aussage zeigt, wie Bye das Vertrauen seiner Patientinnen gegen ihre eigenen körperlichen Warnsignale ausspielte.
Ein zweites Opfer zeigte eine andere Reaktion: «Jeg sto opp og sa stopp. Det føltes ikke riktig» (Ich stand auf und sagte Stopp. Es fühlte sich nicht richtig an). Doch auch hier setzte Bye seine Autorität ein, um die Behandlung fortzusetzen oder die Frau zu verunsichern.
Religiöse Manipulation
Bei Rakel Løvrød nutzte Bye gezielt religiöse Überzeugungen aus. Sie berichtete: «Han klarte å så tvil i troen min. Jeg klarte hverken å høre på lovsang, lese i Bibelen eller gå i kirken» (Er schaffte es, Zweifel an meinem Glauben zu säen. Ich konnte weder Lobgesänge hören, in der Bibel lesen noch in die Kirche gehen). Diese gezielte Manipulation religiöser Überzeugungen zeigt die Raffinesse von Byes psychologischen Methoden.
Ausnutzung der Unwissenheit Minderjähriger
Besonders schwerwiegend war Byes Ausnutzung minderjähriger Patientinnen. Eine 15-jährige aus dem Jahr 2004 sagte vor Gericht: «Han stimulerte G-punkt-området mitt; jeg var bare femten da. Det var kleint, ekkelt og vondt. Samtidig hadde jeg jo fått beskjed om at en gynekologisk undersøkelse skulle være det» (Er stimulierte mein G-Punkt-Gebiet; ich war damals erst fünfzehn. Es war peinlich, ekelhaft und tat weh. Gleichzeitig hatte ich ja gesagt bekommen, dass eine gynäkologische Untersuchung so sein sollte).
Diese Aussage zeigt, wie Bye die Unwissenheit minderjähriger Patientinnen über normale gynäkologische Untersuchungen ausnutzte. Die Jugendlichen hatten keine Vergleichsmöglichkeiten und vertrauten der medizinischen Autorität.
Kulturelle Ausnutzung norwegischer Autoritätsgläubigkeit
Ein wichtiger Aspekt von Byes System war die Ausnutzung kultureller Normen. «Noen av kvinnene forteller at de lot Bye fullføre den smertefulle behandlingen, ganske enkelt fordi han var legen» (Einige der Frauen erzählen, dass sie Bye die schmerzhafte Behandlung zu Ende führen ließen, einfach weil er der Arzt war). Diese Aussage zeigt, wie Bye die norwegische Autoritätsgläubigkeit gegenüber Ärzten systematisch ausnutzte.
Die Frauen hatten «ingen faglige forutsetninger for å motsette seg ham når diagnoser ble stilt og behandlinger foreslått» (keine fachlichen Voraussetzungen, um ihm zu widersprechen, wenn Diagnosen gestellt und Behandlungen vorgeschlagen wurden). Diese Machtasymmetrie zwischen Arzt und Patientin war ein zentraler Baustein von Byes System.
Langwierige und schmerzhafte Untersuchungen
Die Untersuchungen wurden konsistent als «langvarige og smertefulle» (langwierig und schmerzhaft) beschrieben. Eine Patientin berichtete: «Jeg så bare i taket under undersøkelsen. Det var ubehagelig og flaut, jeg ville bare at det skulle bli ferdig» (Ich schaute während der Untersuchung nur an die Decke. Es war unangenehm und peinlich, ich wollte nur, dass es vorbei ist).
Eine weitere Zeugin, die als «handlingslammet» (handlungsunfähig) beschrieben wurde, berichtete: «Jeg lå bare der, helt rolig og handlingslammet, mens han masserte inn salven» (Ich lag nur da, völlig ruhig und wie gelähmt, als er die Salbe einmassierte). Diese Beschreibungen zeigen, wie Bye seine Patientinnen in einen Zustand der Hilflosigkeit versetzte.
Byes Leugnung und Verteidigungsstrategie
Trotz der übereinstimmenden Aussagen leugnete Bye konsequent die beschriebenen Handlungen. Vor Gericht erklärte er: «Dette med kjertler har aldri vært problematisert fra meg. Det har ikke på noe tidspunkt vært sagt fra meg at jeg skal massere noen kjertler eller lignende» (Diese Sache mit Drüsen ist nie von mir problematisiert worden. Es ist zu keinem Zeitpunkt von mir gesagt worden, dass ich irgendwelche Drüsen massieren sollte).
Seine Verteidigungsstrategie bestand darin, die Glaubwürdigkeit der Betroffenen zu untergraben. Er behauptete, die Frauen hätten miteinander gesprochen, Gerüchte wiedergegeben oder Geschichten aus den Medien aufgegriffen. Wenn er sich zu den Aussagen erklären sollte, verwies er auf Einträge in den Krankenakten - die er größtenteils selbst geschrieben hatte.
Besonders perfide war seine Strategie, die psychische Gesundheit der Betroffenen zu thematisieren. In den Krankenakten notierte er, dass einige Frauen «problemer med psykisk helse» (Probleme mit der psychischen Gesundheit) hatten. Er betonte auch Persönlichkeitszüge bei seinen früheren Patientinnen und stellte unausgesprochen die Frage: Warum sagten sie nichts, wenn sie die Untersuchung tatsächlich als so unangenehm empfanden?
Die Rücknahme aller Geständnisse
Am 2. Juli 2025 zog Bye alle seine Geständnisse zurück und erklärte: «Jeg anser meg som ikke straffskyldig og har trukket alle erkjennelser i forbindelse med ankesaken» (Ich betrachte mich als nicht strafbar und habe alle Geständnisse im Zusammenhang mit der Berufung zurückgezogen). Ursprünglich hatte er 21 Vergewaltigungen und Amtsmissbrauch gegenüber 42 Frauen gestanden.
Seine Verteidiger argumentierten: «Under hovedforhandlingen tilsto Bye flere tilfeller av voldtekt, uten å kunne redegjøre for hvorfor tilståelsene ble avgitt» (Während der Hauptverhandlung gestand Bye mehrere Fälle von Vergewaltigung, ohne erklären zu können, warum die Geständnisse abgegeben wurden). Diese Rücknahme macht das Berufungsverfahren zu einer kompletten Neuverhandlung aller Anklagepunkte.
Systematik und Perfektion des Verbrechens
Die dokumentierten Methoden zeigen, dass Bye über Jahre hinweg ein perfektioniertes System des Missbrauchs entwickelt hatte. Jedes Element - von der medizinischen Rechtfertigung über die psychologische Manipulation bis hin zur technischen Überwachung - war darauf ausgelegt, seine Übergriffe zu verschleiern und fortzusetzen.
Die Konsistenz der Aussagen über verschiedene Zeiträume und Patientinnen hinweg belegt die systematische Natur seiner Verbrechen. Bye war kein Gelegenheitstäter, sondern ein methodisch vorgehender Serientäter, der seine medizinische Position über mindestens 15 Jahre hinweg systematisch missbrauchte.
Die Analyse seiner Methoden zeigt auch, wie ein einzelner Täter durch geschickte Manipulation von Vertrauen, Autorität und kulturellen Normen eine ganze Gemeinde traumatisieren konnte. Sein System war so ausgefeilt, dass es fast zwei Jahrzehnte funktionierte, bevor es endlich aufgedeckt wurde.
Quellen:
Adresseavisen (adressa.no) - Gerichtsberichte und detaillierte Aussagen
Dagbladet - Opferberichte und Verfahrensdetails
Teknisk Ukeblad (tu.no) - Byes Leugnungen vor Gericht
Vårt Land (vl.no) - Religiöse Manipulation bei Rakel Løvrød
ABC Nyheter - Neue Beweise und Anmeldungen
Quellen:
https://www.adressa.no/nyheter/trondelag/i/B06py7/jeg-skjoente-at-han-ville-at-jeg-skulle-faa-orgasme
https://www.tu.no/nyhetsstudio/frosta-legen-nekter-for-aa-ha-massert-kjertler-paa-pasient/61302
https://www.dagbladet.no/nyheter/han-ba-meg-holde-ut/82222029
https://www.adressa.no/debatt/i/8qXaxE/nei-altsaa-bye-han-som-er-saa-grei
https://www.abcnyheter.no/nyheter/24-nye-personer-har-fatt-status-som-fornaermet-i-saken-mot-frosta-legen/1054501
https://www.nyhetssaker.no/artikler/359f2d89-768c-4b88-bec9-751cc6b0d52a
https://www.adressa.no/nyheter/trondelag/i/OoqLkA/har-funnet-video-av-kvinnen-paa-alle-16-harddiskene
https://www.nearadio.no/nyheter/i/LMObQ4/nye-bevis-og-anmeldelser-i-saken-mot-tidligere-kommuneoverlege-paa-frosta
https://www.vl.no/religion/la-skylden-pa-troen-hennes/9549741
https://www.adressa.no/nyheter/trondelag/i/3MXz8v/kvinnen-varslet-om-bye-laa-der-helt-rolig-og-handlingslammet
https://www.adressa.no/nyheter/innenriks/i/25aeK4/frosta-legen-trekker-alle-erkjennelser
https://www.adressa.no/nyheter/trondelag/i/8q9OXW/88-kvinner-skal-vaere-voldtatt-av-legen-siden-2004-i-2013-endret-overgrepene-seg-ifoelge-tiltalen
https://www.firstpost.com/explainers/arne-bye-frosta-gynaecologist-sexual-abuse-scandal-norway-13838594.html
https://www.lawyer-monthly.com/2024/11/norwegian-gynaecologist-raped-87-patients-filmed-secret-exams-over-20-years-in-national-scandal/
https://www.innherred.no/nyheter/i/rP6xOl/arne-bye-vil-sannsynligvis-trekke-tilstaaelser-faar-en-tredje-forsvarer
TEIL 4: AUSWIRKUNGEN AUF GEMEINDE UND FAMILIEN
Jens Holberg - Der Bauer und sein Schmerz
Aus der Podcast-Serie «Reparatørene på Frosta» stammt die bewegende Aussage des Bauern Jens Holberg, dessen Frau betroffen war. Seine Worte bringen den Schmerz der Angehörigen auf den Punkt: «Jeg blir sint og kvalm av å tenke på at han har vært borti kjerringa mi» (Ich werde wütend und übel, wenn ich daran denke, dass er meine Frau angefasst hat).
Holberg beschrieb auch, wie schwierig es zunächst war, die Wahrheit zu akzeptieren: «Først trodde han ikke at kona hadde vært utsatt for noe» (Zuerst glaubte er nicht, dass seine Frau etwas erlebt hatte). Als seine Frau ihm schließlich die Wahrheit erzählte, «bebreidet hun seg selv for at hun ikke skjønte at underlivsundersøkelsene ikke var etter boka» (machte sie sich selbst Vorwürfe, dass sie nicht verstand, dass die Unterleibsuntersuchungen nicht ordnungsgemäß waren).
Seine Geschichte zeigt exemplarisch, wie die Übergriffe nicht nur die direkten Betroffenen traumatisierten, sondern ganze Familien zerrissen. Die Scham, die Selbstvorwürfe und die Hilflosigkeit der Angehörigen sind ein oft übersehener Aspekt solcher Verbrechen.
Siv - Die Kraft der Unterstützung
Eine weitere betroffene Frau, identifiziert als «Siv» in der Podcast-Serie, fasste die Bedeutung der Unterstützung so zusammen: «Det betydde alt at mannen min hørte på meg, trodde på meg og støttet meg fra første stund. I denne saken har han virkelig vist at han er en skikkelig bra mann» (Es bedeutete alles, dass mein Mann mir zuhörte, mir glaubte und mich von Anfang an unterstützte. In diesem Fall hat er wirklich gezeigt, dass er ein wirklich guter Mann ist).
Diese Aussage steht in starkem Kontrast zu den Erfahrungen vieler anderer Betroffener, die auf Unverständnis und Ablehnung stießen. Sie zeigt, wie entscheidend die Reaktion der Angehörigen für die Heilung der Betroffenen ist.
Drei Frauen einer Familie - Generationenübergreifende Betroffenheit
Ein besonders erschütternder Aspekt des Falls ist die generationenübergreifende Betroffenheit ganzer Familien. Drei Frauen einer Familie berichteten: «Vi visste at noe var galt, men jeg var så glad i ham også – det gjorde alt så mye vanskeligere» (Wir wussten, dass etwas nicht stimmte, aber wir mochten ihn auch – das machte alles noch schwieriger).
Diese Aussage verdeutlicht die komplexe emotionale Situation vieler Betroffener, die zwischen Misstrauen und Zuneigung zu ihrem Arzt hin- und hergerissen waren. Wenn mehrere Generationen einer Familie betroffen sind - Mütter, Töchter, Schwestern - entstehen zusätzliche Schuldgefühle und Familientraumata.
Staatsanwalt Eli Reberg Nessimo unterstrich das Ausmaß der familiären Betroffenheit: «Mange har samme etternavn. Det er søstre, døtre, mødre, kolleger, bekjente og venninner» (Viele haben denselben Nachnamen. Es sind Schwestern, Töchter, Mütter, Kolleginnen, Bekannte und Freundinnen). Sie ergänzte: «Dette har rammet en hel kommune. Over 10 prosent av kvinnene på Frosta innenfor det aktuelle aldersspennet er ofre i saken» (Dies hat eine ganze Gemeinde getroffen. Über 10 Prozent der Frauen in Frosta innerhalb der relevanten Altersgruppe sind Betroffene in dem Fall).
Gesellschaftliche Verdrängung und Ablehnung
Die Reaktionen der Angehörigen dokumentieren eine erschreckende gesellschaftliche Verdrängung. Nach einer «svært ubehagelig undersøkelse» (sehr unangenehmen Untersuchung) erzählte eine Patientin einem nahen Verwandten von ihren Erfahrungen. Die Reaktion war: «– Nei, altså. Bye? Han som er så grei?» (Nein, wirklich. Bye? Der, der so nett ist?).
Diese Reaktion zeigt, wie Byes Reputation als «netter Arzt» die Wahrnehmung seiner Übergriffe verhinderte. Die gesellschaftliche Vorstellung, dass «nette» Personen keine Übergriffe begehen, machte es den Betroffenen zusätzlich schwer, Glauben zu finden.
Ein besonders berührendes Zeugnis stammt von einer Frau, die sich selbst die Schuld gab: «Et annet vitne sa at hun skammet seg. Etter at sakene mot Bye ble kjent i media, hadde hun flere ganger 'sittet på bygda' og kritisert ofrene for å være 'hårsåre', fortalte hun. Men hun var selv et offer» (Ein anderes Zeugnis sagte, dass sie sich schämte. Nachdem die Fälle gegen Bye in den Medien bekannt wurden, hatte sie mehrmals ‹in der Gemeinde gesessen› und die Opfer dafür kritisiert, ‹empfindlich› zu sein. Aber sie war selbst ein Opfer).
Diese Aussage zeigt die psychologischen Mechanismen der Verdrängung und Selbstbeschuldigung. Selbst Betroffene kritisierten andere Betroffene, bevor sie erkannten, dass sie selbst Opfer waren. Dies verdeutlicht, wie tief die gesellschaftliche Verleugnung reichte.
Daniel Dydland - Der Kollege erhält Beschwerden
Daniel Dydland, ein weiterer Kollege von Bye, «ble kontaktet av en pasient som fortalte om ubehagelige opplevelser i gynekologstolen» (wurde von einer Patientin kontaktiert, die von unangenehmen Erlebnissen im gynäkologischen Stuhl erzählte). Auch diese Information zeigt, dass es bereits früh Hinweise auf Byes Verhalten gab, die jedoch nicht zu konsequentem Handeln führten.
Eine frühere Krankenschwester bezeugte, dass «Bye ble svært sint da hun ryddet kontoret hans» (Bye sehr wütend wurde, als sie sein Büro aufräumte). Dies deutet auf sein kontrollierendes Verhalten bezüglich seines Arbeitsplatzes hin - ein Hinweis darauf, dass er seine Privatsphäre schützen musste, um seine Verbrechen zu verbergen.
Die Bistandsanwälte und ihre Klientinnen
Tove Jensen Røddesnes, die koordinierende Bistandsadvokatin, vertrat 67 Klientinnen und machte mehrere wichtige Aussagen über die Auswirkungen auf die Frauen: «Det er tatt ut en alvorlig og omfattende tiltale. Det er mange berørte, og de aller fleste bor i Frosta kommune» (Es wurde eine ernste und umfassende Anklage erhoben. Es gibt viele Betroffene, und die allermeisten leben in der Gemeinde Frosta). Sie ergänzte: «Det blir en belastende tid fremover for de fornærmede som er omfattet av tiltalen, og deres nærmeste» (Es wird eine belastende Zeit für die Geschädigten, die von der Anklage betroffen sind, und ihre Angehörigen).
Bei den Entschädigungsforderungen erklärte Bistandsadvokatin Ingunn Kjeldstad: «De har ikke bare fått brettet ut helsa si i rettssalen med mediene til stede, men de har fått brettet ut underlivet» (Sie haben nicht nur ihre Gesundheit im Gerichtssaal vor den Medien ausgebreitet, sondern sie haben ihr Intimleben ausgebreitet). Sie betonte auch: «Det er sjelden man finner mødre, venninner, døtre, søskenbarn. Det er veldig mange som kjenner hverandre i dette» (Es ist selten, dass man Mütter, Freundinnen, Töchter, Nichten findet. Es sind sehr viele, die sich in diesem Fall kennen).
Bistandsadvokatin Camilla Hagen, die acht der betroffenen Frauen vertrat, beschrieb ihre Reaktionen auf Byes Anwesenheit im Gerichtssaal: «Mange synes at det er vanskelig å forklare seg dersom han sitter i salen, og de er bekymret for om de får sagt alt de ønsker å formidle» (Viele finden es schwierig, sich zu erklären, wenn er im Saal sitzt, und sie sorgen sich, ob sie alles sagen können, was sie vermitteln möchten). Gleichzeitig äußerten sich einige Frauen frustriert darüber, dass sie nicht im Hauptsaal bleiben durften: «Flere av dem er irriterte over at de ikke får sitte i hovedsalen. De ville konfrontere ham ved å sitte der, og det er de skuffet over» (Mehrere von ihnen sind irritiert darüber, dass sie nicht im Hauptsaal sitzen dürfen. Sie wollten ihn konfrontieren, indem sie dort sitzen, und darüber sind sie enttäuscht).
Die koordinierende Bistandsadvokatin Ingunn Kjellstad beschrieb die anhaltenden Auswirkungen: «For mange tenker jeg det er en lettelse at vi har kommet i gang, men det har vært og er svært belastende for dem» (Für viele denke ich, ist es eine Erleichterung, dass wir angefangen haben, aber es war und ist sehr belastend für sie). Die betroffenen Frauen litten unter den langen Wartezeiten während der Ermittlungen.
Entschädigungsforderungen und finanzielle Folgen
Die Anwälte forderten insgesamt 38.750.000 Kronen Entschädigung. Diese Summe war in verschiedene Kategorien aufgeteilt: 250.000 Kronen für Frauen, die mit Instrumenten vergewaltigt wurden, 200.000 Kronen für Frauen, die Massagen und/oder Berührungen der Klitoris erlebten, 50.000 Kronen zusätzlich für die schlimmsten Fälle, 50.000 Kronen zusätzlich für gefilmte Frauen und 50.000 Kronen zusätzlich für zwei Frauen unter 16 Jahren.
Diese Entschädigungsstruktur zeigt die rechtliche Bewertung der verschiedenen Übergriffskategorien und verdeutlicht das Ausmaß der finanziellen Folgen für Bye und möglicherweise das norwegische Gesundheitssystem.
Ordfører Frode Revhaug und die Gemeindereaktionen
Ordfører Frode Revhaug erklärte nach dem Urteil: «Denne saken har preget Frosta kommune dypt – følelsesmessig, helsemessig og ikke minst tillitsmessig. Mange enkeltpersoner har blitt direkte berørt av handlingene, og tilliten til kommunens helsetjenester har blitt betydelig utfordret» (Dieser Fall hat die Frosta-Gemeinde tief geprägt – emotional, gesundheitlich und nicht zuletzt vertrauensmäßig. Viele Einzelpersoner wurden direkt von den Handlungen betroffen, und das Vertrauen in die Gesundheitsdienste der Gemeinde wurde erheblich herausgefordert).
Die Gemeinde hatte noch 2022, als Bye bereits von der Gesundheitsaufsicht untersucht wurde, in einem Brief festgestellt, dass sie «tillit» (Vertrauen) zu Bye als Arbeitnehmer hatten. Diese späte Reaktion zeigt das Ausmaß der institutionellen Blindheit gegenüber den Warnzeichen.
Nach der Pandemie hatte Bye sogar «en utrolig sterk posisjon» (eine unglaublich starke Position) in der Gemeinde und erhielt den «Ildsjel»-Preis für seine Corona-Behandlung. Der frühere Gemeindedirektor Endre Skjervø berichtete in einer TV2-Dokumentation über diese besondere Stellung Byes in der Gemeinde.
Auswirkungen auf das Gesundheitssystem
Die Auswirkungen des Falls gehen weit über die Gemeinde Frosta hinaus. Das Vertrauen in das norwegische Gesundheitssystem wurde erschüttert, insbesondere in die gynäkologische Versorgung. Viele Frauen in Norwegen berichteten nach Bekanntwerden des Falls über eigene unangenehme Erfahrungen bei gynäkologischen Untersuchungen.
Die Gerichtsdokumente und Medienberichte beschrieben detailliert, was die Frauen erlebten. Bye soll erklärt haben, dass er eine «tysk metode» (deutsche Methode) anwende, die darauf abzielte, «å bedøve slimhinner før eventuelle tiltak» (Schleimhäute vor eventuellen Maßnahmen zu betäuben). Die Frauen beschrieben «ubehagelige, grenseoverskridende opplevelser» (unangenehme, grenzüberschreitende Erlebnisse) bei gynäkologischen Untersuchungen, bei denen er ihnen «underlivsmassasje» (Unterleibsmassage) gab. Die Untersuchungen wurden als «langvarige og smertefulle» (langwierig und schmerzhaft) beschrieben.
Psychologische Folgen für die Betroffenen
Die psychologischen Auswirkungen auf die Betroffenen sind schwerwiegend und langanhaltend. Viele Frauen entwickelten Ängste vor gynäkologischen Untersuchungen, Vertrauensverlust gegenüber Ärzten und posttraumatische Belastungsstörungen. Die Tatsache, dass ihre intimsten Momente gefilmt wurden, verstärkte das Trauma erheblich.
Die Vorstellung, dass fremde Personen - Ermittler, Staatsanwälte, Richter, Sachverständige und möglicherweise Verteidiger - diese intimsten Momente sichten müssen, um Beweise zu bewerten, verstärkte das Gefühl der Verletzung und des Kontrollverlusts erheblich. Für die betroffenen Frauen entstanden quälende Fragen: Wer genau hat Zugang zu diesen Aufnahmen? Wie viele Kopien existieren? Wo werden sie gelagert und wie lange?
Auswirkungen auf die Kinder der Betroffenen
Ein oft übersehener Aspekt sind die Auswirkungen auf die Kinder der betroffenen Frauen. Viele Mütter mussten ihren Kindern erklären, warum sie vor Gericht aussagen mussten, warum Mama weinte oder warum der «nette Doktor» plötzlich ein «böser Mann» war. Diese sekundären Traumatisierungen betreffen eine weitere Generation und können langfristige Auswirkungen auf das Vertrauen der Kinder in Autoritätspersonen haben.
Gesellschaftliche Spaltung in Frosta
Der Fall führte zu einer Spaltung in der Gemeinde Frosta. Während einige Bewohner die Betroffenen unterstützten, gab es auch Stimmen, die Bye verteidigten oder die Vorwürfe anzweifelten. Diese Spaltung verstärkte das Trauma der Betroffenen, die sich nicht nur mit ihren eigenen Erfahrungen auseinandersetzen mussten, sondern auch mit gesellschaftlicher Ablehnung und Misstrauen.
Die Tatsache, dass über 10 Prozent der Frauen in der relevanten Altersgruppe betroffen waren, bedeutete, dass praktisch jede Familie in Frosta direkt oder indirekt mit dem Fall konfrontiert war. Freundschaften zerbrachen, Familien spalteten sich, und das soziale Gefüge der kleinen Gemeinde wurde nachhaltig beschädigt.
Langfristige Auswirkungen auf die Gemeinde
Die langfristigen Auswirkungen auf Frosta werden noch Jahre spürbar sein. Das Vertrauen in lokale Institutionen wurde erschüttert, die Rekrutierung neuer Ärzte gestaltet sich schwierig, und die Gemeinde kämpft mit ihrem beschädigten Ruf. Viele Bewohner berichten von Schamgefühlen, wenn sie sagen müssen, dass sie aus Frosta kommen.
Gleichzeitig hat der Fall aber auch positive Entwicklungen angestoßen. Es gibt verstärkte Bemühungen um Transparenz im Gesundheitswesen, bessere Schutzmaßnahmen für Patientinnen und eine erhöhte Sensibilität für sexualisierte Gewalt im medizinischen Kontext.
Die Rolle der Medien
Die Medienberichterstattung über den Fall hatte sowohl positive als auch negative Auswirkungen. Einerseits half sie dabei, weitere Betroffene zu ermutigen, sich zu melden, und sensibilisierte die Öffentlichkeit für das Problem. Andererseits führte die intensive Berichterstattung zu einer zusätzlichen Belastung für die Betroffenen und ihre Familien, die sich ständig mit dem Fall konfrontiert sahen.
Die Podcast-Serien «Hemmeligheten på legekontoret» und «Reparatørene på Frosta» spielten eine wichtige Rolle bei der Aufarbeitung des Falls und gaben den Betroffenen eine Stimme. Gleichzeitig warfen sie Fragen über die Grenzen der Medienberichterstattung bei sensiblen Themen auf.
Lehren für andere Gemeinden
Der Fall Arne Bye ist zu einem Lehrstück für andere Gemeinden und Gesundheitseinrichtungen geworden. Er zeigt, wie wichtig es ist, Warnzeichen ernst zu nehmen, Beschwerdesysteme zu verbessern und eine Kultur der Offenheit und Transparenz zu schaffen. Viele norwegische Gemeinden haben ihre Verfahren überprüft und verschärft, um ähnliche Fälle zu verhindern.
Die Bedeutung von Unterstützungssystemen
Der Fall zeigt auch die entscheidende Bedeutung von Unterstützungssystemen für Betroffene sexualisierter Gewalt. Die unterschiedlichen Reaktionen der Angehörigen - von Jens Holbergs anfänglichem Unglauben bis zu Sivs unterstützendem Ehemann - verdeutlichen, wie entscheidend die erste Reaktion des sozialen Umfelds für die Heilung der Betroffenen ist.
Die Arbeit der Bistandsanwälte war von entscheidender Bedeutung, nicht nur für die rechtliche Vertretung, sondern auch für die emotionale Unterstützung der Betroffenen. Sie halfen dabei, die Stimmen der Frauen zu verstärken und ihre Rechte zu wahren.
Der Fall Arne Bye zeigt, wie ein einzelner Täter nicht nur seine direkten Opfer traumatisiert, sondern ganze Familien, eine Gemeinde und das Vertrauen in gesellschaftliche Institutionen zerstören kann. Die Auswirkungen reichen weit über die ursprünglichen Verbrechen hinaus und werden noch Jahre nachwirken. Gleichzeitig zeigt er aber auch die Kraft der Solidarität, die Bedeutung des Glaubens an die Betroffenen und die Möglichkeit gesellschaftlicher Heilung durch Aufarbeitung und Reformen.
Wichtigste Quellen für Zitationen:
https://www.adressa.no/debatt/i/8qXaxE/nei-altsaa-bye-han-som-er-saa-grei
https://www.adressa.no/nyheter/innenriks/i/0VrxOG/naa-starter-frosta-kvinnenes-rettsmaraton
Quellen:
https://www.adressa.no/debatt/i/pP8k5X/naa-faar-vi-mennenes-historie-den-er-ogsaa-viktig
https://www.adressa.no/nyheter/trondelag/i/B0Pk0G/legesaken-rammet-kun-kvinner-men-saa-gjorde-den-ikke-det-likevel
https://www.lawyer-monthly.com/2024/11/norwegian-gynaecologist-raped-87-patients-filmed-secret-exams-over-20-years-in-national-scandal/
https://www.adressa.no/nyheter/trondelag/i/alyegE/tre-kvinner-i-samme-familie-visste-at-noe-var-galt-men-jeg-var-saa-glad-i-ham-ogsaa
https://www.lawyer-monthly.com/2024/11/norwegian-gynaecologist-raped-87-patients-filmed-secret-exams-over-20-years-in-national-scandal/
https://www.adressa.no/debatt/i/8qXaxE/nei-altsaa-bye-han-som-er-saa-grei
https://www.abcnyheter.no/nyheter/frosta-saken-bistandsadvokat-sier-de-vurderer-a-klage-pa-henlagte-saker/783067
https://advokatwatch.no/nyheter/domstoler/article17907468.ece
https://www.dagbladet.no/nyheter/han-ba-meg-holde-ut/82222029
https://www.kommunal-rapport.no/nyheter/frosta-saken-ber-om-nesten-40-millioner-i-erstatning-til-kvinnene/804735
https://www.adressa.no/nyheter/innenriks/i/0VrxOG/naa-starter-frosta-kvinnenes-rettsmaraton
https://www.politiforum.no/frosta-saken-plutselig-var-den-lille-politistasjonen-i-et-maratonlop-uten-like/265211
https://www.firstpost.com/explainers/arne-bye-frosta-gynaecologist-sexual-abuse-scandal-norway-13838594.html
https://www.adressa.no/nyheter/trondelag/i/8q9OXW/88-kvinner-skal-vaere-voldtatt-av-legen-siden-2004-i-2013-endret-overgrepene-seg-ifoelge-tiltalen
**TEIL 5: RECHTLICHE EINORDNUNG UND PRÄVENTIONSMASSNAHMEN**
**Die Altersstruktur der Betroffenen**
Die rechtskräftige Anklageschrift listet 94 Frauen als direkte Tatopfer auf, wobei nach den neuesten Entwicklungen mindestens 118 Frauen als Betroffene identifiziert wurden. Die Altersverteilung zum Zeitpunkt der Taten zeigt: 2 Mädchen unter 16 Jahren (14 und 15 Jahre), 12 Jugendliche zwischen 16 und 18 Jahren und 80 Frauen zwischen 19 und 67 Jahren. Sämtliche Taten erstrecken sich über den Zeitraum 2007 bis 2022, wobei neue Videobeweise zeigen, dass die Übergriffe bereits 2007 begannen, sodass einige Betroffene heute fast 40 Jahre älter sind als zum Tatzeitpunkt.
Die Altersverteilung verdeutlicht, dass minderjährige Patientinnen zwar die Ausnahme, nicht jedoch der Schwerpunkt des Deliktsbildes waren. Dennoch schärfte gerade die Anwesenheit zweier Unter-16-Jähriger das Strafmaß, weil § 302 Stl. (sexueller Umgang mit 14- bis 16-Jährigen) kumulativ zum Hauptvorwurf nach § 291/295 Stl. Anwendung fand.
**Norwegisches Straf- und Berufsrecht bei sexueller Ausbeutung**
Das norwegische Rechtssystem sieht verschiedene Sanktionen vor: § 291 Stl. für den Grundtatbestand Vergewaltigung mit bis zu 10 Jahren, § 293 Stl. für schwere Vergewaltigung (besonders erniedrigend, mehrere Opfer, Filmaufnahmen) mit bis zu 21 Jahren, § 295 Stl. für sexueller Umgang ved misbruk av stilling (Arzt-Patient) mit bis zu 6 Jahren additiv, Helsepersonelloven § 57 für unbefristeten Lizenzentzug bei grober Unwürdigkeit und Helsepersonelloven § 62 mit zweijähriger Sperrfrist vor Neuantrag, die faktisch kaum reversibel ist.
Das Tingrett wertete die Videoaufzeichnungen von ungeschützten Vaginal- und Rektalexamina mit Gegenständen als «besonders verletzend» im Sinne von § 293 Stl., was den Strafrahmen von 10 auf 21 Jahre hob. Das Vorliegen von zwei Opfern unter 16 Jahren verunmöglichte jede Strafmilderung (§ 302 Abs. 3 Stl.) und führte zu kumulierter Verurteilung wegen Misbruk av stilling (§ 295 Stl.) in Tateinheit.
Anders als in Deutschland (§ 174c StGB) schützt § 295 Stl. nicht nur Minderjährige, sondern alle Patientinnen vor Ausnutzung eines Abhängigkeitsverhältnisses. Bereits «utilbørlig utnyttelse» (unzulässige Ausnutzung) genügt für Strafbarkeit. Die berufsrechtlichen Maßnahmen im Fall Bye umfassten die sofortige Suspendierung 2022 nach Alarmierung durch Helsetilsynet, den Lizenzentzug auf Lebenszeit 2025 kraft Tingrett-Urteil, die automatische Meldung an das EU-Binnenmarkt-Warnsystem für Gesundheitsberufe (IMI) und einen Kompensationsfonds von 38,75 Millionen NOK Staatshaftung plus 23 Millionen NOK persönlich.
**Gynäkologische Praxis in Norwegen und Präventionsmaßnahmen**
Norwegische Fachstellen (Gesundheitsdirektorat, Sex und Gesellschaft) betonen, dass keine vaginale Untersuchung bei Erst- oder Folgerezept für kombinierte oder Gestagen-Pille erforderlich ist. Blutdruck und Thromboserisiko reichen als Basis-Screening. Vaginale Untersuchungen sind nur indiziert bei Symptomen, IUD-Einlage oder Abstrich ab 25 Jahren. Deutschland hat seit 2019 analoge S3-Leitlinien: Die körperliche Untersuchung ist fakultativ, doch in der Praxis halten sich einige Praxen an überholte Routinen (Beckenabtastung plus Spekulum). Die Behauptung, man könne per Palpation ein passendes Pillenpräparat «ertasten», entbehrt jeder evidenzbasierten Grundlage.
Norwegische Empfehlungen setzen auf Informed Consent mit jederzeitigem Abbruchrecht, eine optionale Begleitperson und das Verbot intimer Untersuchungen an Minderjährigen ohne medizinische Indikation – andernfalls greift § 295 Stl. analog. Die Pharmakodynamik hormoneller Kontrazeptiva hängt vom Lebermetabolismus ab, nicht von der Vulva-Morphologie. Die Wahl des Präparats erfolgt nach Risikoprofil (Thrombose, Migräne, BMI, Rauchen). WHO-, FSRH- und eMetodebok-Richtlinien erklären Vaginaluntersuchungen zur Pillenverordnung für obsolet.
**Institutionelles Versagen und systemische Schwächen**
Die Chronologie des Versagens ist erschreckend: 2003 gab es die Frosta-Revue als öffentlichen Hinweis, 2006 die erste formelle Warnung von drei Frauen, das nur zu einer Verwarnung führte, 2017 Mina Moholts Warnung, bei dem eine 17-Jährige aufgefordert wurde, ihre Beschwerden gegen einen übergriffigen Arzt «selbst zu regeln», und erst 2022 wurden wirksame Maßnahmen ergriffen.
Das Versagen ereignete sich auf mehreren Ebenen: Die Gemeinde Frosta stellte 2022 noch «Vertrauen» zu Bye fest, als er bereits untersucht wurde. Der Bezirksarzt Trøndelag behandelte 2017 eine Warnung, ohne die Gesundheitsaufsicht zu informieren. Die Gesundheitsaufsicht reagierte 2006 nur mit einer Verwarnung trotz mehrerer Beschwerden.
Nach der Pandemie hatte Bye sogar «eine unglaublich starke Position» und erhielt den Preis für besonderes Engagement für seine Corona-Behandlung. Dies verstärkte seine gesellschaftliche Macht zusätzlich und machte es noch schwieriger, Vorwürfe gegen ihn ernst zu nehmen.
**Die norwegische Vertrauensgesellschaft als Schwachstelle**
Ein wichtiger Aspekt der Aussagen bezog sich auf norwegische Gesellschaftsnormen: «Noen av kvinnene forteller at de lot Bye fullføre den smertefulle behandlingen, ganske enkelt fordi han var legen» (Einige der Frauen erzählen, dass sie Bye die schmerzhafte Behandlung zu Ende führen ließen, einfach weil er der Arzt war). Diese kulturelle Eigenschaft, die normalerweise eine Stärke der norwegischen Gesellschaft darstellt, wurde hier zur Schwachstelle.
«Alle fornærmede kvinner som har forklart seg så langt, beskriver ham som tillitvekkende» (Alle geschädigten Frauen, die sich bisher erklärt haben, beschreiben ihn als vertrauenerweckend), heißt es in den Berichten. Die Frauen berichteten, dass «fastlegen hadde en måte som fikk pasientene til å føle seg sett, hørt og tatt på alvor» (der Hausarzt eine Art hatte, die die Patientinnen sich gesehen, gehört und ernst genommen fühlen ließ).
Diese Autoritätsgläubigkeit gegenüber Ärzten ist tief in der norwegischen Kultur verwurzelt. Die Frauen hatten «ingen faglige forutsetninger for å motsette seg ham når diagnoser ble stilt og behandlinger foreslått» (keine fachlichen Voraussetzungen, um ihm zu widersprechen, wenn Diagnosen gestellt und Behandlungen vorgeschlagen wurden).
**Gesellschaftliche Vorurteile und Verdrängung**
Der Fall zeigt fundamentale Schwächen im gesellschaftlichen Verständnis von sexualisierter Gewalt. Die Reaktion eines Verwandten einer Betroffenen – «Nein, wirklich. Bye? Der, der so nett ist?» – verdeutlicht die problematische Vorstellung, dass «nette» Personen keine Übergriffe begehen.
Bereits 2003 wurde Byes ungewöhnliches Verhalten in der Frosta-Revue parodiert, aber als Humor abgetan. Eine betroffene Frau erklärte später: «Ich vertraute ihm, obwohl er etwas speziell war. Ich dachte, das war guter Humor zu der Zeit». Diese Normalisierung problematischen Verhaltens durch Humor verhinderte eine ernsthafte Auseinandersetzung mit den Warnzeichen.
**Schutzmaßnahmen und Reformen**
Als Reaktion auf den Fall Arne Bye wurden verschiedene Schutzmaßnahmen und Reformen implementiert oder diskutiert:
Verstärkte Überwachung und Kontrolle: Regelmäßige unangekündigte Inspektionen in Arztpraxen, insbesondere bei gynäkologischen Untersuchungen. Verpflichtende Anwesenheit einer zweiten Person bei intimen Untersuchungen, wenn möglich. Technische Überwachung von Untersuchungsräumen durch offizielle Kameras mit Patientenzustimmung.
Verbesserte Beschwerdesysteme: Niedrigschwellige, anonyme Meldemöglichkeiten für Patientinnen. Unabhängige Ombudsstellen für Beschwerden gegen Gesundheitspersonal. Verpflichtende Weiterleitung aller Beschwerden an zentrale Behörden.
Ausbildung und Sensibilisierung: Verpflichtende Fortbildungen für Gesundheitspersonal zu Grenzen und Ethik. Aufklärung von Patientinnen über ihre Rechte und normale Untersuchungsabläufe. Sensibilisierung für Anzeichen von Machtmissbrauch im Gesundheitswesen.
Rechtliche Verschärfungen: Verschärfung der Strafen für sexuelle Übergriffe im Gesundheitswesen. Erweiterung der Meldepflichten für Kollegen bei Verdachtsfällen. Verbesserung des Opferschutzes in Gerichtsverfahren.
Strukturelle Reformen: Dezentralisierung der Gesundheitsversorgung, um Machtkonzentrationen zu vermeiden. Stärkung der Patientenrechte und Aufklärung. Verbesserte Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Aufsichtsbehörden.
**Präventive Maßnahmen in der gynäkologischen Praxis**
Der Fall Arne Bye zeigt die Notwendigkeit klarer Leitlinien für gynäkologische Untersuchungen. Evidenzbasierte Medizin sollte die Grundlage aller Behandlungen sein. Unnötige Untersuchungen, wie Vaginaluntersuchungen zur Pillenverordnung, sollten vermieden werden. Patientinnen sollten über den Ablauf und die Notwendigkeit jeder Untersuchung aufgeklärt werden.
Informed Consent ist essentiell: Patientinnen müssen verstehen, was gemacht wird und warum. Sie haben das Recht, Untersuchungen abzubrechen oder eine Begleitperson mitzubringen. Ärzte müssen ihre Handlungen medizinisch begründen können und dürfen keine «kreativen» oder unkonventionellen Methoden ohne wissenschaftliche Basis anwenden.
Die Verwendung nicht-medizinischer Gegenstände, wie sie Bye praktizierte, ist inakzeptabel. Alle Instrumente müssen medizinisch zugelassen, steril und für den jeweiligen Zweck geeignet sein. Die Behauptung, «kreative» oder «kostengünstige» Lösungen zu verwenden, ist ein Warnsignal für potentiellen Missbrauch.
**Internationale Lehren und Vergleiche**
Der Fall Arne Bye ist nicht einzigartig. Ähnliche Fälle in anderen Ländern zeigen vergleichbare Muster: Ausnutzung von Vertrauen und Autorität, Manipulation durch medizinische Begründungen, systematische Übergriffe über Jahre hinweg und Versagen der Aufsichtssysteme.
In Deutschland führte der Fall des Gynäkologen Dieter Krombach zu ähnlichen Diskussionen über Schutzmaßnahmen. In den USA sorgte der Fall Larry Nassar für Reformen im Sportsystem. In Großbritannien führten verschiedene Fälle zu verschärften Kontrollen im Gesundheitswesen.
Diese internationalen Erfahrungen zeigen, dass das Problem systemisch ist und strukturelle Lösungen erfordert. Einzelne «schwarze Schafe» sind nicht das Problem – das Problem liegt in Systemen, die solche Übergriffe ermöglichen und zu lange tolerieren.
**Technologische Lösungen und Datenschutz**
Der Fall Bye wirft auch Fragen über den Einsatz von Technologie im Gesundheitswesen auf. Während Videoüberwachung Missbrauch verhindern könnte, entstehen neue Datenschutzprobleme. Die heimlichen Aufnahmen von Bye zeigen, wie Technologie missbraucht werden kann.
Mögliche Lösungsansätze sind: Offene Videoüberwachung mit Patientenzustimmung, automatische Löschung nach bestimmten Zeiträumen, strenge Zugriffskontrollen und unabhängige Überwachung der Systeme. Der Schutz der Patientenprivatsphäre muss dabei oberste Priorität haben.
**Gesellschaftliche Aufarbeitung und Heilung**
Die gesellschaftliche Aufarbeitung des Falls Arne Bye ist noch nicht abgeschlossen. Die Gemeinde Frosta kämpft weiterhin mit den Folgen, und das Vertrauen in das Gesundheitssystem muss langsam wieder aufgebaut werden.
Wichtige Elemente der Aufarbeitung sind: Anerkennung des Leidens der Betroffenen, umfassende Entschädigung, strukturelle Reformen zur Verhinderung ähnlicher Fälle, Aufklärung und Sensibilisierung der Öffentlichkeit und Unterstützung für die betroffene Gemeinde.
Die Stimmen der Betroffenen müssen gehört und ernst genommen werden. Ihre Erfahrungen sind der Schlüssel zu Verbesserungen im System. Gleichzeitig dürfen sie nicht retraumatisiert werden durch endlose Befragungen oder öffentliche Aufmerksamkeit.
**Ausblick und zukünftige Herausforderungen**
Der Fall Arne Bye wird das norwegische Gesundheitssystem noch Jahre beschäftigen. Das Berufungsverfahren, das Ende Oktober 2025 beginnt, wird weitere Details ans Licht bringen und möglicherweise neue Erkenntnisse liefern. Durch die Rücknahme aller Geständnisse durch Bye wird das Verfahren zu einer kompletten Neuverhandlung aller Anklagepunkte.
Die 24 neuen Anmeldungen nach der Hauptverhandlung zeigen, dass das wahre Ausmaß des Falls möglicherweise noch größer ist als bisher bekannt. Die Videobeweise aus 2007 erweitern den Zeitrahmen der Verbrechen auf mindestens 15 Jahre. Diese Entwicklungen werden die Aufarbeitung weiter komplizieren und verlängern.
Gleichzeitig bietet der Fall die Chance für grundlegende Reformen. Norwegen kann zum Vorreiter bei Schutzmaßnahmen im Gesundheitswesen werden und anderen Ländern als Beispiel dienen. Die Lehren aus Frosta können helfen, ähnliche Fälle in Zukunft zu verhindern.
**Die Bedeutung von Mut und Solidarität**
Der Fall zeigt auch die Bedeutung von Mut und Solidarität. Rakel Løvrød, die 2021 den entscheidenden Anstoß für die Ermittlungen gab, Karen-Marie Reitan, die ihre eigenen Vorurteile überwand, und alle anderen Betroffenen, die den Mut fassten auszusagen, haben Außergewöhnliches geleistet.
Ihre Tapferkeit hat nicht nur zur Verurteilung eines Täters geführt, sondern auch gesellschaftliche Veränderungen angestoßen. Sie haben gezeigt, dass es möglich ist, auch gegen mächtige und respektierte Personen vorzugehen, wenn Unrecht geschieht.
Die Unterstützung durch Angehörige wie Jens Holberg und Siv's Ehemann zeigt, wie wichtig Solidarität für die Heilung ist. Gleichzeitig verdeutlichen die negativen Reaktionen anderer Angehöriger, wie wichtig Aufklärung und Sensibilisierung sind.
**Fazit zu rechtlicher Einordnung und Prävention**
Der Fall Arne Bye zeigt sowohl die Stärken als auch die Schwächen des norwegischen Rechtssystems. Die Verurteilung zu 21 Jahren Gefängnis und der lebenslange Lizenzentzug zeigen, dass das System funktionieren kann, wenn Verbrechen aufgedeckt werden. Gleichzeitig offenbart das fast 20-jährige Versagen der Aufsichtssysteme fundamentale Schwächen.
Die rechtliche Einordnung macht deutlich, dass norwegisches Recht jeden sexuellen Kontakt zwischen Arzt und Patientin als strafbar ansieht – unabhängig vom Alter der Patientin. Dies ist ein wichtiger Schutz, der in anderen Ländern nicht immer so klar geregelt ist.
Die Präventionsmaßnahmen zeigen Wege auf, wie ähnliche Fälle in Zukunft verhindert werden können. Entscheidend ist die Kombination aus strukturellen Reformen, technischen Lösungen, verbesserter Ausbildung und gesellschaftlicher Sensibilisierung.
Der Fall Arne Bye ist eine Tragödie für alle Betroffenen und ihre Familien. Gleichzeitig ist er ein Wendepunkt, der zu wichtigen Verbesserungen im Gesundheitssystem führen kann. Die Lehren aus Frosta dürfen nicht vergessen werden – sie sind der Schlüssel zu einem sichereren und vertrauenswürdigeren Gesundheitssystem für alle.
Die Opfer des Frosta-Arztes waren überwiegend erwachsene Frauen, doch der Missbrauch minderjähriger Patientinnen verschärfte die Tatfolgen. Norwegen reagierte mit maximalem Strafmaß, lebenslangem Berufsverbot und hohen Entschädigungen. Entscheidend ist der klare Rechtsgrundsatz: Jede sexuelle Handlung im Kontext eines medizinischen Vertrauensverhältnisses ist strafbar, selbst wenn sie als «medizinische Massage» getarnt wird. Zugleich zeigen die norwegischen Leitlinien, dass für Verhütungsberatung keine genitalen Routineuntersuchungen nötig sind – ein Schutzmechanismus, der Übergriffen strukturell vorbeugt.
Quellen:
https://www.dagsavisen.no/nyheter/frosta-legen-pagrepet-etter-rettssakens-slutt/9739916
https://www.dagbladet.no/nyheter/han-ba-meg-holde-ut/82222029
https://www.dagbladet.no/meninger/foles-som-en-skrekkfilm/82184693
https://www.bbc.co.uk/news/articles/cgj8x7dz435o
https://www.adressa.no/nyheter/innenriks/i/rP7Rjl/fakta-om-frosta-saken
https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC11303009/
https://www.dypede.gr/2025/02/26/eucanscreen-norway-cervical-cancer/
https://www.overgrep.no/aktuelt/2019/straffeloven-295/
https://www.dagbladet.no/nyheter/tar-krisegrep-etter-historisk-tiltale/81958849
https://www.klartale.no/norge/tingretten-dommer-tidligere-lege-til-21-ar-i-fengsel/9803695
https://www.sexogsamfunn.no/sykdommer/testing-og-undersokelser/underlivsundersokelse/
https://emetodebok.no/kapittel/prevensjonsmidler/
https://www.helsenorge.no/undersokelse-og-behandling/gynekologisk-undersokelse/
https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/015-015l_S3_Hormonelle_Empfaengnisverhuetung_2020-09.pdf
https://dgpfg.de/wp-content/uploads/2024/01/Leitfaden-Gyn.Untersuchung_Version_2_2023-download.pdf
https://www.helsetilsynet.no/publikasjoner/internserien/2022/tilsynssaker-der-helsepersonellet-har-hatt-en-seksuell-relasjon-til-pasientbruker-eller-utovd-grenseoverskridende-seksuelle-handlinger-rapport-fra-en-intern-gjennomgang/4-rettsgrunnlag-og-profesjonenes-etiske-regelverk/
https://www.reddit.com/r/norge/comments/1gkbnwt/overlege_arne_bye_brukte_womanizer_p%C3%A5_pasienter/
https://www.adressa.no/debatt/i/8qXaxE/nei-altsaa-bye-han-som-er-saa-grei
https://www.politiforum.no/frosta-saken-plutselig-var-den-lille-politistasjonen-i-et-maratonlop-uten-like/265211
https://pfu.presse.no/pfu-basen/24-297
https://www.nearadio.no/nyheter/i/LMObQ4/nye-bevis-og-anmeldelser-i-saken-mot-tidligere-kommuneoverlege-paa-frosta
https://www.adressa.no/nyheter/innenriks/i/25aeK4/frosta-legen-trekker-alle-erkjennelser
TEIL 6: NEUE ENTWICKLUNGEN UND BERUFUNGSVERFAHREN
24 neue Anmeldungen nach der Hauptverhandlung
Nach dem Ende der Hauptverhandlung im Februar 2025 gingen 24 neue Anmeldungen bei der Polizei ein. Diese dramatische Entwicklung zeigt, dass das wahre Ausmaß von Byes Verbrechen noch größer ist als ursprünglich angenommen. Advokatin Tove Røddesnes wurde als Bistandsanwältin für 11 der neuen Betroffenen ernannt, während Ingunn Kjelstad für 8 weitere ernannt wurde. Dies bedeutet, dass sich die Gesamtzahl der identifizierten Betroffenen von ursprünglich 94 auf mindestens 118 Frauen erhöhte.
Die Tatsache, dass auch nach einem 16-wöchigen Gerichtsverfahren und intensiver Medienberichterstattung noch 24 neue Betroffene den Mut fassten, sich zu melden, verdeutlicht sowohl das Ausmaß der Verbrechen als auch die anhaltende Traumatisierung der Frauen. Viele brauchten offenbar die Bestätigung durch das Gerichtsverfahren und die Aussagen anderer Betroffener, bevor sie selbst den Schritt wagten, ihre Erfahrungen zu melden.
Neue Hausdurchsuchungen und versteckte Beweise
Im März 2025 führte die Polizei eine dritte Hausdurchsuchung in Byes Wohnung in Levanger durch. Politiadvokatin Anette Strøm Røsholdt erklärte: «Politiet mener nå å ha funnet alle de gjenstandene som er nevnt i tiltalen under disse ransakingene i tiltaltes bolig» (Die Polizei glaubt nun, alle in der Anklage erwähnten Gegenstände bei den Durchsuchungen in der Wohnung des Angeklagten gefunden zu haben).
Besonders bedeutsam war der Fund einer Flasche, eines deodorantähnlichen Gegenstands und eines eierförmigen Gegenstands, die in der ursprünglichen Anklage erwähnt waren, aber bei früheren Durchsuchungen nicht entdeckt worden waren. Diese Gegenstände waren zentrale Beweismittel für die schlimmsten Anklagepunkte und ihre Entdeckung stärkte die Position der Staatsanwaltschaft erheblich.
Der Fund versteckter Beweise wirft Fragen über Byes Verhalten nach seiner Festnahme auf. Hatte er bewusst Beweise versteckt? Gab es möglicherweise weitere versteckte Gegenstände oder Aufnahmen? Diese Fragen werden im Berufungsverfahren eine wichtige Rolle spielen.
Videobeweise bis zurück ins Jahr 2007
Bei der erneuten Durchsuchung einer bereits beschlagnahmten Festplatte entdeckte die Polizei Videos, die bis ins Jahr 2007 zurückreichen. Diese Entdeckung war schockierend, da sie bedeutete, dass Byes systematische Übergriffe noch früher begannen als ursprünglich angenommen und sich über mindestens 15 Jahre erstreckten - von 2007 bis 2022.
Die älteren Videos zeigen, dass Bye bereits 2007 ein ausgeklügeltes System der heimlichen Überwachung entwickelt hatte. Dies widerlegt auch seine Behauptung, die Videoaufzeichnungen seien ein späteres Phänomen oder hätten anderen Zwecken gedient. Die Kontinuität der Aufzeichnungen über 15 Jahre hinweg belegt die systematische und vorsätzliche Natur seiner Verbrechen.
Diese neuen Beweise erweitern nicht nur den Zeitrahmen der Anklagen, sondern könnten auch zu zusätzlichen Anklagepunkten führen. Frauen, die in diesem frühen Zeitraum Patientinnen bei Bye waren, könnten sich nun als weitere Betroffene melden.
Zusätzlicher Gerichtstermin am 14. Mai 2025
Aufgrund der neuen Beweise wurde ein zusätzlicher Gerichtstermin am 14. Mai 2025 angesetzt. Bei diesem Termin sollte Staatsadvokat Eli Reberg Nessimo eine Videogjennomgangsrapport (Videoauswertungsbericht) vorlegen, die sich auf eine der betroffenen Frauen bezog.
Besonders bemerkenswert war, dass diese Frau die einzige war, die laut Anklage außerhalb von Byes Praxis - in ihrem eigenen Zuhause - vergewaltigt wurde. Die neuen Videobeweise könnten weitere Details zu diesem Fall liefern und zeigen, wie weit Byes Übergriffe über seine Praxis hinausgingen.
Dieser zusätzliche Termin verdeutlichte auch, dass die Ermittlungen noch nicht vollständig abgeschlossen waren und weitere Überraschungen möglich blieben.
Die dramatische Wendung vom 2. Juli 2025
Am 2. Juli 2025 - nur einen Tag vor dem aktuellen Datum - zog Arne Bye alle seine Geständnisse zurück und erklärte: «Jeg anser meg som ikke straffskyldig og har trukket alle erkjennelser i forbindelse med ankesaken» (Ich betrachte mich als nicht strafbar und habe alle Geständnisse im Zusammenhang mit der Berufung zurückgezogen).
Diese Entscheidung kam überraschend, da Bye während der Hauptverhandlung 21 Vergewaltigungen und Amtsmissbrauch gegenüber 42 Frauen gestanden hatte. Seine Verteidiger hatten bereits angekündigt, dass er wahrscheinlich mehrere seiner Geständnisse zurückziehen würde, aber die vollständige Rücknahme aller Geständnisse war dennoch dramatisch.
In einer Stellungnahme an das Lagmannsrett hatten die Verteidiger argumentiert: «Under hovedforhandlingen tilsto Bye flere tilfeller av voldtekt, uten å kunne redegjøre for hvorfor tilståelsene ble avgitt» (Während der Hauptverhandlung gestand Bye mehrere Fälle von Vergewaltigung, ohne erklären zu können, warum die Geständnisse abgegeben wurden). Sie behaupteten, diese Geständnisse seien dennoch als uneingeschränkt gewertet worden, obwohl Bye nicht erklären konnte, warum er sie abgegeben hatte.
Das neue Verteidigerteam
Am 10. Juni 2025 hatte Bye seine Verteidiger gewechselt. Frode Wisth, Partner bei der renommierten Kanzlei Strand & Co, übernahm die Verteidigung von den bisherigen Anwälten Erlend Hjulstad Nilsen und Per Ove Sørholt. Wisth ist als fester Verteidiger für das Trøndelag tingrett und das Frostating lagmannsrett etabliert.
Am 20. Juni 2025 genehmigte das Lagmannsrett die Ernennung eines dritten Verteidigers. Neben Wisth und der bereits ernannten Mitverteidigerin Linn Haug Holm wurde Eirik Svingen Bjørgo als weiterer Partner von Strand & Co ernannt. Die Verteidiger begründeten dies mit dem außergewöhnlichen Umfang der Sache: «To forsvarere vil ikke ha kapasitet til å ta et oppdrag av dette omfanget i den tilgjengelige tiden» (Zwei Verteidiger werden nicht die Kapasität haben, einen Auftrag dieses Umfangs in der verfügbaren Zeit zu übernehmen).
Dieses hochqualifizierte Verteidigerteam signalisierte bereits früh, dass sie eine aggressive Verteidigungsstrategie verfolgen würden. Die Rücknahme aller Geständnisse ist der logische Höhepunkt dieser Strategie.
Auswirkungen auf das Berufungsverfahren
Mit der Rücknahme aller Geständnisse wird das Berufungsverfahren, das Ende Oktober 2025 beginnen soll, zu einer kompletten Neuverhandlung aller Anklagepunkte. Das Frostating lagmannsrett hat bereits 17 Wochen für die Berufungsverhandlung angesetzt - ein Zeichen für die erwartete Komplexität des Verfahrens.
Die Staatsanwaltschaft muss nun alle 152 Anklagepunkte vollständig beweisen, ohne sich auf Byes Geständnisse stützen zu können. Dies macht die neuen Videobeweise aus 2007 und die gefundenen versteckten Gegenstände noch wichtiger. Sie könnten entscheidend dafür sein, die systematische Natur von Byes Verbrechen zu belegen.
Gleichzeitig werden die Aussagen aller 118 identifizierten Betroffenen eine noch größere Bedeutung erlangen. Die Konsistenz ihrer Schilderungen über verschiedene Zeiträume hinweg wird ein zentraler Baustein der Anklage sein.
Herausforderungen für die Staatsanwaltschaft
Die Rücknahme der Geständnisse stellt die Staatsanwaltschaft vor erhebliche Herausforderungen. Ohne Byes Eingeständnisse müssen sie jeden einzelnen Anklagepunkt durch Beweise und Zeugenaussagen belegen. Dies ist besonders schwierig bei Fällen, die Jahre oder sogar Jahrzehnte zurückliegen.
Die 47.000 Videos und 387.000 Bilddateien werden eine zentrale Rolle spielen. Die Staatsanwaltschaft muss beweisen, dass diese Aufnahmen ohne Wissen und Zustimmung der Patientinnen gemacht wurden und dass sie sexuelle Übergriffe dokumentieren.
Die Aussagen der Betroffenen werden intensiv hinterfragt werden. Byes Verteidiger werden versuchen, Widersprüche zu finden oder zu behaupten, dass die Frauen ihre Geschichten abgesprochen haben oder von Medienberichten beeinflusst wurden.
Strategien der Verteidigung
Byes neue Verteidiger haben bereits signalisiert, dass sie eine aggressive Strategie verfolgen werden. Sie werden wahrscheinlich argumentieren, dass:
Die Videoaufnahmen zu medizinischen Zwecken gemacht wurden und die Patientinnen implizit zugestimmt haben. Die beschriebenen Handlungen medizinisch begründet waren und keine sexuellen Übergriffe darstellten. Die Aussagen der Betroffenen unzuverlässig sind, weil sie sich gegenseitig beeinflusst haben oder von Medienberichten geprägt wurden. Byes ursprüngliche Geständnisse unter Druck oder aufgrund psychischer Belastung abgegeben wurden und daher nicht glaubwürdig sind.
Diese Strategie ist kontrovers, aber rechtlich zulässig. Sie wird jedoch schwer zu verteidigen sein angesichts der überwältigenden Beweislast und der konsistenten Aussagen von über 100 Betroffenen.
Auswirkungen auf die Betroffenen
Die Rücknahme der Geständnisse ist für die Betroffenen besonders belastend. Viele hatten gehofft, dass Byes Eingeständnisse ihnen die Notwendigkeit ersparen würden, erneut vor Gericht auszusagen. Nun müssen sie sich auf eine intensive Befragung durch die Verteidigung einstellen.
Bistandsadvokatin Camilla Hagen hatte bereits während der ersten Verhandlung beschrieben, wie schwierig es für die Frauen war, in Byes Anwesenheit auszusagen: «Mange synes at det er vanskelig å forklare seg dersom han sitter i salen, og de er bekymret for om de får sagt alt de ønsker å formidle» (Viele finden es schwierig, sich zu erklären, wenn er im Saal sitzt, und sie sorgen sich, ob sie alles sagen können, was sie vermitteln möchten).
Im Berufungsverfahren werden diese Herausforderungen noch größer sein, da die Verteidigung aggressiver vorgehen wird. Die Betroffenen müssen sich auf intensive Kreuzverhöre einstellen, bei denen ihre Glaubwürdigkeit und ihre Erinnerungen hinterfragt werden.
Gesellschaftliche Reaktionen
Die Rücknahme der Geständnisse hat in Norwegen für Empörung gesorgt. Viele sehen darin einen Versuch, das Leid der Betroffenen zu verharmlosen und die Schwere der Verbrechen zu leugnen. In sozialen Medien und Kommentarspalten äußern sich Menschen entsetzt über diese Wendung.
Für die Gemeinde Frosta bedeutet die Rücknahme der Geständnisse, dass der Fall noch länger im öffentlichen Bewusstsein bleiben wird. Die erhoffte Ruhe nach dem ersten Urteil ist nicht eingetreten. Stattdessen steht der Gemeinde ein weiteres belastendes Verfahren bevor.
Ordfører Frode Revhaug und andere Gemeindevertreter haben sich bisher nicht öffentlich zur Rücknahme der Geständnisse geäußert. Die Gemeinde versucht offenbar, sich aus der öffentlichen Debatte herauszuhalten und den rechtlichen Prozess abzuwarten.
Medienberichterstattung und öffentliches Interesse
Die neuen Entwicklungen haben das öffentliche Interesse an dem Fall wieder angeheizt. Norwegische Medien berichten intensiv über die Rücknahme der Geständnisse und spekulieren über die Auswirkungen auf das Berufungsverfahren.
Die Podcast-Serien «Hemmeligheten på legekontoret» und «Reparatørene på Frosta» haben angekündigt, die neuen Entwicklungen zu verfolgen und möglicherweise weitere Episoden zu produzieren. Diese Formate haben eine wichtige Rolle bei der Aufarbeitung des Falls gespielt und den Betroffenen eine Stimme gegeben.
Internationale Aufmerksamkeit hat der Fall ebenfalls erhalten. Medien in Deutschland, Großbritannien und anderen Ländern berichten über die Entwicklungen und ziehen Parallele zu ähnlichen Fällen in ihren eigenen Ländern.
Rechtliche Präzedenzfälle
Der Fall Arne Bye könnte wichtige rechtliche Präzedenzfälle schaffen, insbesondere in Bezug auf:
Die Verwendung von Videobeweisen bei sexuellen Übergriffen im medizinischen Kontext. Die Bewertung von Geständnissen, die später zurückgezogen werden. Den Schutz von Opfern bei Berufungsverfahren. Die Strafzumessung bei systematischen Übergriffen über lange Zeiträume.
Diese Präzedenzfälle werden nicht nur für Norwegen, sondern auch für andere Länder von Bedeutung sein. Sie könnten die Rechtsprechung bei ähnlichen Fällen beeinflussen und zu Reformen im Strafrecht führen.
Technische und forensische Herausforderungen
Das Berufungsverfahren wird auch technische und forensische Herausforderungen mit sich bringen. Die Analyse der 47.000 Videos und 387.000 Bilddateien ist eine gewaltige Aufgabe. Experten müssen die Authentizität der Aufnahmen bestätigen, Zeitstempel verifizieren und die dargestellten Handlungen bewerten.
Die Videobeweise aus 2007 sind besonders wichtig, da sie die frühen Jahre von Byes Verbrechen dokumentieren. Ihre forensische Analyse könnte weitere Beweise für die systematische Natur seiner Übergriffe liefern.
Die Verteidigung wird wahrscheinlich eigene Experten beauftragen, um die Beweise zu hinterfragen. Dies könnte zu einem «Krieg der Experten» führen, bei dem verschiedene Sachverständige zu unterschiedlichen Schlussfolgerungen kommen.
Psychologische Gutachten
Ein weiterer wichtiger Aspekt des Berufungsverfahrens werden psychologische Gutachten sein. Die Verteidigung könnte versuchen, Byes Zurechnungsfähigkeit zum Zeitpunkt der Taten oder der ursprünglichen Geständnisse in Frage zu stellen.
Gleichzeitig könnten Gutachten über die Auswirkungen der Übergriffe auf die Betroffenen eine wichtige Rolle spielen. Diese könnten helfen, das Ausmaß des verursachten Schadens zu dokumentieren und die Schwere der Verbrechen zu unterstreichen.
Die Rolle der Bistandsanwälte wird in diesem Kontext noch wichtiger werden. Sie müssen nicht nur ihre Klientinnen rechtlich vertreten, sondern auch emotional unterstützen und vor Retraumatisierung schützen.
Finanzielle Aspekte
Die finanziellen Aspekte des Falls werden im Berufungsverfahren ebenfalls eine Rolle spielen. Die ursprünglich geforderten 38,75 Millionen NOK Entschädigung könnten sich durch die 24 neuen Betroffenen noch erhöhen.
Bye hatte zum Zeitpunkt seiner Verurteilung ein Vermögen von etwa 23 Millionen NOK, das bereits beschlagnahmt wurde. Sollte die Entschädigungssumme höher ausfallen, könnte dies zu Fragen über die Haftung des norwegischen Staates oder der Gemeinde Frosta führen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens selbst werden ebenfalls erheblich sein. Mit drei Verteidigern für Bye und dutzenden von Bistandsanwälten für die Betroffenen werden die Anwaltskosten allein mehrere Millionen NOK betragen.
Internationale Zusammenarbeit
Der Fall könnte auch internationale Zusammenarbeit erfordern, insbesondere wenn es um die Analyse der Videobeweise oder die Bewertung medizinischer Praktiken geht. Experten aus anderen Ländern könnten als Sachverständige hinzugezogen werden.
Die EU-weite Meldung von Byes Lizenzentzug über das IMI-System (Internal Market Information System) zeigt bereits, wie internationale Kooperation bei solchen Fällen funktioniert. Ähnliche Mechanismen könnten auch im Berufungsverfahren relevant werden.
Ausblick auf das Berufungsverfahren
Das Berufungsverfahren, das Ende Oktober 2025 beginnt, wird eines der komplexesten und längsten Strafverfahren in der norwegischen Geschichte werden. Mit 118 identifizierten Betroffenen, 47.000 Videos als Beweismittel und einer vollständigen Leugnung aller Vorwürfe durch den Angeklagten steht das norwegische Rechtssystem vor einer enormen Herausforderung.
Die 17 angesetzten Wochen für das Verfahren zeigen, dass das Gericht sich der Komplexität bewusst ist. Es wird wahrscheinlich das gesamte Jahr 2026 dauern, bis ein endgültiges Urteil vorliegt.
Für die Betroffenen bedeutet dies weitere Monate der Ungewissheit und Belastung. Für die Gemeinde Frosta bedeutet es, dass der Fall noch länger im öffentlichen Bewusstsein bleiben wird. Für das norwegische Rechtssystem bedeutet es eine Bewährungsprobe seiner Fähigkeit, auch komplexeste Fälle gerecht zu behandeln.
Mögliche Szenarien
Verschiedene Szenarien sind für das Berufungsverfahren denkbar:
Bestätigung des ursprünglichen Urteils: Das Lagmannsrett könnte zu dem Schluss kommen, dass die Beweise auch ohne Geständnisse ausreichen, um Bye in allen Punkten zu verurteilen.
Teilweise Aufhebung: Einige Anklagepunkte könnten aufgehoben werden, während andere bestätigt werden. Dies könnte zu einer reduzierten Strafe führen.
Vollständige Aufhebung: Ein unwahrscheinliches, aber theoretisch mögliches Szenario wäre die vollständige Aufhebung der Verurteilung aufgrund von Verfahrensfehlern oder unzureichenden Beweisen.
Neue Anklagepunkte: Die neuen Beweise könnten zu zusätzlichen Anklagepunkten führen, was paradoxerweise zu einer höheren Strafe führen könnte.
Die Bedeutung für die Zukunft
Unabhängig vom Ausgang wird der Fall Arne Bye das norwegische Gesundheitswesen und Rechtssystem nachhaltig prägen. Die Reformen, die bereits eingeleitet wurden, werden fortgesetzt und möglicherweise erweitert werden.
Für andere Länder bietet der Fall wichtige Lehren über die Notwendigkeit effektiver Aufsichtssysteme, den Schutz von Patientinnen und die Bedeutung des Glaubens an Betroffene sexualisierter Gewalt.
Die Stimmen der Betroffenen, die über Jahre hinweg ignoriert wurden, haben schließlich Gehör gefunden und zu grundlegenden Veränderungen geführt. Ihr Mut und ihre Beharrlichkeit haben nicht nur zur Verurteilung eines Täters geführt, sondern auch gesellschaftliche Veränderungen angestoßen, die weit über den Fall hinausreichen.
Das Berufungsverfahren wird zeigen, ob das norwegische Rechtssystem in der Lage ist, auch ohne Geständnisse Gerechtigkeit für die Betroffenen zu erreichen. Es wird ein Test für die Qualität der Ermittlungen, die Stärke der Beweise und die Glaubwürdigkeit der Aussagen sein.
Für die 118 identifizierten Betroffenen und ihre Familien steht viel auf dem Spiel. Sie haben bereits enormen Mut bewiesen, indem sie ihre Geschichten erzählt haben. Nun müssen sie darauf vertrauen, dass das Rechtssystem ihnen Gerechtigkeit verschafft, auch wenn der Weg dorthin länger und schwieriger geworden ist.
Der Fall Arne Bye ist noch nicht zu Ende. Die neuen Entwicklungen vom Juli 2025 haben eine weitere dramatische Wendung eingeleitet, die das Verfahren in eine neue Phase führt. Was als klarer Fall mit Geständnissen begann, ist nun zu einem komplexen rechtlichen Kampf geworden, dessen Ausgang ungewiss ist.
Eines jedoch ist sicher: Die Stimmen der Betroffenen werden weiterhin gehört werden, und ihre Geschichten werden weiterhin als Mahnung dienen, dass Machtmissbrauch im Gesundheitswesen niemals toleriert werden darf. Der Fall Arne Bye hat bereits Geschichte geschrieben - das Berufungsverfahren wird das nächste Kapitel dieser wichtigen Geschichte sein.
Quellen:
https://www.s-n.no/nyheter/i/Ey2glK/minst-19-nye-kvinner-har-anmeldt-arne-bye
https://www.abcnyheter.no/nyheter/24-nye-personer-har-fatt-status-som-fornaermet-i-saken-mot-frosta-legen/1054501
https://www.nearadio.no/nyheter/i/LMObQ4/nye-bevis-og-anmeldelser-i-saken-mot-tidligere-kommuneoverlege-paa-frosta
https://www.adressa.no/nyheter/innenriks/i/25aeK4/frosta-legen-trekker-alle-erkjennelser
https://www.klartale.no/norge/frosta-legen-trekker-alle-erkjennelser/9845641
https://www.smp.no/nyheter/i/B0a1eQ/frosta-legen-trekker-alle-erkjennelser
https://www.s-n.no/nyheter/i/KMJ91o/frosta-legen-trekker-alle-erkjennelser
https://www.folkebladet.no/norgeogverden/i/Xj0xLE/arne-bye-har-skiftet-forsvarer
https://www.innherred.no/nyheter/i/rP6xOl/arne-bye-vil-sannsynligvis-trekke-tilstaaelser-faar-en-tredje-forsvarer
https://advokatwatch.no/nyheter/advokater/article18263581.ece
https://www.adressa.no/nyheter/trondelag/i/kwoE8X/de-skal-forsvare-arne-bye-har-bedt-om-utsettelse
https://www.innherred.no/nyheter/i/mPbeOL/arne-bye-anker-dommen-paa-21-aars-fengsel
https://www.s-n.no/nyheter/i/8Jdkp2/arne-bye-anker-dommen-paa-21-aars-fengsel
https://www.dagbladet.no/nyheter/han-ba-meg-holde-ut/82222029
https://www.adressa.no/nyheter/trondelag/i/8qEO7Q/her-planlegger-de-den-lengste-straffesaken-paa-flere-tiaar
https://www.abcnyheter.no/nyheter/arne-bye-trekker-alle-erkjennelser/1118885
https://www.nyhetssaker.no/artikler/359f2d89-768c-4b88-bec9-751cc6b0d52a
https://www.adressa.no/nyheter/i/bmr1xk/rettssaken-starter-igjen-vil-legge-fram-nye-bevis-knyttet-til-en-av-kvinnene-bye-skal-ha-voldtatt
https://www.steinkjer24.no/nyheter/i/alQma5/lege-saken-starter-opp-igjen-i-dag-legger-fram-nye-bevis
https://podme.com/no/podkast/hemmeligheten-pa-legekontoret/
https://www.podplay.com/podcasts/reparatorene-pa-frosta-1324183
Quellen:
https://www.s-n.no/nyheter/i/Ey2glK/minst-19-nye-kvinner-har-anmeldt-arne-bye
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https://www.nearadio.no/nyheter/i/LMObQ4/nye-bevis-og-anmeldelser-i-saken-mot-tidligere-kommuneoverlege-paa-frosta
https://www.adressa.no/nyheter/innenriks/i/25aeK4/frosta-legen-trekker-alle-erkjennelser
https://www.klartale.no/norge/frosta-legen-trekker-alle-erkjennelser/9845641
https://www.smp.no/nyheter/i/B0a1eQ/frosta-legen-trekker-alle-erkjennelser
https://www.s-n.no/nyheter/i/KMJ91o/frosta-legen-trekker-alle-erkjennelser
https://www.folkebladet.no/norgeogverden/i/Xj0xLE/arne-bye-har-skiftet-forsvarer
https://www.innherred.no/nyheter/i/rP6xOl/arne-bye-vil-sannsynligvis-trekke-tilstaaelser-faar-en-tredje-forsvarer
https://advokatwatch.no/nyheter/advokater/article18263581.ece
https://www.adressa.no/nyheter/trondelag/i/kwoE8X/de-skal-forsvare-arne-bye-har-bedt-om-utsettelse
https://www.innherred.no/nyheter/i/mPbeOL/arne-bye-anker-dommen-paa-21-aars-fengsel
https://www.s-n.no/nyheter/i/8Jdkp2/arne-bye-anker-dommen-paa-21-aars-fengsel
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https://www.steinkjer24.no/nyheter/i/alQma5/lege-saken-starter-opp-igjen-i-dag-legger-fram-nye-bevis
https://podme.com/no/podkast/hemmeligheten-pa-legekontoret/
https://www.podplay.com/podcasts/reparatorene-pa-frosta-1324183